Carpe-Diem-Schüler zu Besuch im Konzentrationslager Buchenwald
Auf den Spuren Barack Obamas
Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Davon steht aber nichts in unseren Geschichtsbüchern“, zeigte sich Melissa, Schülerin der Stufe 10 der Privatschule Carpe Diem, überrascht, als ihre Mitschüler und sie im Konzentrationslager Buchenwald erfuhren, dass selbst US-Präsident Obama vor fünf Jahren die Gedenkstätte bei Weimar aufgesucht hatte. Das Konzentrationslager Buchenwald war eines der größten KZ auf deutschem Boden. Es wurde ab 1937 auf dem Ettersberg bei Weimar als Arbeitslager betrieben. Bis zur Befreiung im April 1945 waren hier rund 240.000 Menschen aus mehr als 33 Ländern inhaftiert. Buchenwald war nach Dachau und Sachsenhausen das dritte große KZ der Nazis in Deutschland. Die Häftlinge wurden während des Krieges besonders in der Rüstungsindustrie eingesetzt. Obwohl das Lager kein Vernichtungslager war, kamen etwa 56.000 Häftlinge, darunter 11.800 Juden, bei Massentötungen, medizinischen Experimenten und durch die Willkür der SS ums Leben. Durch die Deportation der meisten jüdischen Gefangenen aus Buchenwald nach Auschwitz war das Lager in den Vernichtungsapparat des Nationalsozialismus integriert. Heute finden sich in der ab 1991 neu gestalteten Gedenkstätte Buchenwald viele Ausstellungen zur Geschichte des Konzentrationslagers.
Katja Ganske und Roland Hirte, pädagogische Mitarbeiter der Gedenkstätte Buchenwald, erarbeiteten einen ganzen Tag lang mit den 30 Schülern der Stufe 10 von Carpe Diem die erschütternde Geschichte des KZ Buchenwald. Ganske und Hirte berichteten, dass US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel 2010 das Konzentrationslager Buchenwald besuchten. Merkel und Obama besichtigten ebenso wie die Schüler einen Teil des Lagers, darunter auch das Krematorium, in dem unzählige Juden verbrannt wurden. Ganske sagte: „Für Obama war es sehr wichtig, Buchenwald zu besuchen. Er sagte damals, er sei noch nie in einem Konzentrationslager gewesen und habe speziell zu diesem eine persönliche Verbindung. Sein Großonkel Charles Payne gehörte zu einer Einheit, die 1945 an der Befreiung eines der Außenlager von Buchenwald beteiligt war.“
Die US-Soldaten konnten am 11. April 1945 21.000 Häftlinge, unter ihnen über 900 Kinder und Jugendliche, befreien. Die SS floh. Die Carpe-Diem-Schüler gingen mit ihren Geschichtslehrern Annette Flackus und Hermann-Joseph Löhr den Weg, den Barack Obama im KZ genommen hatte. Sie gingen wie er zur Gedenkplatte, an der Obama weiße Rosen niedergelegt hatte. Klassensprecher Tobias: „Es sind nur wenige Schritte vom Eingangstor mit der zynischen Inschrift ,Jedem das Seine‘ bis zu einer Gedenkplatte. Sie ist ständig auf 37 Grad geheizt, um an die Lebenstemperatur der Buchenwald-Opfer zu erinnern.“
Zahllose Menschen starben an Hunger und Auszehrung, andere wurden umgebracht oder kamen bei medizinischen Versuchen ums Leben. Ein Großteil der jüdischen Häftlinge wurde ab 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Carpe-Diem-Schülerin Mariella berichtete beim Rundgang im KZ ihren Mitschülern, dass der Bruder ihres Großvaters dort als „junger Mann“ in der SS das Lager bewacht habe. Ihre Familie habe sich daher intensiv mit der Geschichte des Dritten Reichs auseinandergesetzt.
Für Mariella war es besonders wichtig, dass auch ihre Generation Lehren aus dem damaligen Tun zieht, das Geschehen nicht einfach als etwas Vergangenes abtut. „Wenn jemand schon sagt, jeder könne aus der Geschichte lernen, dann gilt für uns alle, uns für unseren demokratischen Staat und die Bewahrung des Grundgesetzes einzusetzen“, verlangte sie in der Diskussionsrunde mit der Pädagogin Anja Ganske.