Are-Gymnasium Bad Neuenahr-Ahrweiler
„VIS-Á-VIS oder DER BLICK DAHINTER“
- Eine Vernissage von Schülern des Jahrgangs 13 -
Bad Neuenahr-Ahrweiler. Für die Abiturienten des Are-Gymnasiums war der 26. Februar ein ganz besonderer Tag am Ende ihres Schülerlebens; sie erhielten das Zeugnis der Jahrgangsstufe 13 und damit endete für sie der Unterricht. Zum ganz besonderen Ereignis gehört aber auch an diesem Tag das inzwischen Tradition gewordene Event vor der Zeugnisausgabe. Mit einer Vernissage ihrer Abschlussarbeiten in der Bildenden Kunst und einer musikalischen Session der Schülerinnen und Schüler der Musik-Kurse von Thomas Lang und René Fromm kam der gesamte Jahrgang noch einmal zusammen und feierte auf diese Weise das besondere Ereignis. Die Schülerinnen und Schüler der beiden Grundkurse Bildende Kunst 13 von Heike Hallwig und Ulrike Schorn haben sich auf die Spur begeben und in langen Fotostrecken mehr von ihrem Gegenüber erfasst als nur eine realistische Oberfläche, mehr als nur populistischen Mainstream. Ergründen, nachspüren, einfühlen, Auseinandersetzung mit dem Gegenüber, besinnungsloses Sehen oder bewusstes Wahrnehmen, was geschieht mit uns, wenn wir unserem Gegenüber ins Gesicht schauen? Wie reagiert unser Gegenüber auf unseren Blick? Was zeige ich von mir, wenn ich den anderen anschaue, während er seinen Blick auf mich richtet? Bin ich bemüht, mein Gesicht zu wahren? Traue ich mich, mein wahres Gesicht zu zeigen? Weiß ich, wie viele Gesichter ich habe? Lasse ich mich auf ein „von Angesicht zu Angesicht“ ein? Inspiriert durch Künstler wie Phillip Toledano oder Cindy Sherman durften sie die Erfahrung machen, wie anspruchsvoll Fotografie sein kann und sich bewusst werden, welche Aspekte geeignet sind, in Abgrenzung zu alltäglichen Schnappschüssen mit dem Smartphone der Fotografie einen künstlerischen Ausdruck zu verleihen. Der Kunstwissenschaftler Hans Belting spricht von diesen Mainstream-Gesichtern von einem „Gesicht der Zeit als eine gewisse Uniformierung zeitüblicher Gesichter, die heute von den Massenmedien verbreitet werden.“ Diesen Mainstream bewusst vor Augen entstanden erste Konzepte und Fotostrecken. Oft wurden sie wieder komplett verworfen zugunsten neuer Ideen, bis dann im kurzen Moment des „Dahinterblickens“ das entscheidende Bild entstanden ist. Von Durchschnittlichkeit ist keine Rede mehr. Das Gesicht zeigt nun Schönheit und Würde. Nein, so ist kein „Gesicht der Zeit als eine gewisse Uniformierung zeitüblicher Gesichter“ entstanden, das „massenmedientauglich“ wäre.
Die beiden Kunstkurse der Jahrgangsstufe 13 unter der Leitung von Bettina Lipka-Roloff und Bobo Kriechel haben sich der Thematik Porträt in Verbindung mit der handwerklichen Technik des Holzschnittes, dem ältesten grafischen Druckverfahren, genähert. Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem menschlichen „Gegenüber“ ist das Abbild, eine Zeichnung oder ein Foto, das durch die Technik des Schneidens in eine Holzplatte umgesetzt und vom Druckstock auf das Papier übertragen werden muss. Anders als eine Fotografie drückt sich beim Holzschnitt die subjektive Sichtweise seines Stechers durch den gestalterischen Einsatz der Mittel aus. Jedes Bilddetail, jeder Strich wird ganz bewusst gesetzt, andere, unwichtig erscheinende Einzelheiten müssen in den Hintergrund gedrängt oder fortgelassen werden. Die dadurch erreichte Motivreduktion auf besonders markante Formelemente wie Augen, Mimik, Verteilung von Licht und Schatten und eine prägnante Differenzierung der menschlichen Silhouette sowie in Anlehnung an den expressionistischen Holzschnitt die Auflösung der traditionellen Perspektive stellten dabei die größten Herausforderungen für die Schülerinnen und Schüler dieser Kunstkurse dar. Darüber hinaus war der Umgang mit dem Werkzeug des Holzstechers und dem Werkstoff Holz eine neue Erfahrung für alle Kursteilnehmer. Die dabei entstandenen Drucke zeigen eine große Vielfalt bei der Umsetzung der Technik und die Experimentierfreude der Schüler beim Druckvorgang.
Insgesamt war es eine feierliche und stimmungsvolle Veranstaltung, bei der die Zuschauer begeistert der Musik lauschten und gebannt einzelnen ausgewählten SchülerInnen der Kunstkurse bei ihren Beschreibungen und Erläuterungen ihrer Bilder und deren ganz individuellem Weg der Entstehung zuhörten. Mit dem Aphorismus von Georg Christoph Lichtenberg „Die unterhaltsamste Fläche auf der Erde für uns ist die vom menschlichen Gesicht.“ lädt das Are-Gymnasium alle Interessierten ein, auf Entdeckungsreise zu gehen.