Selbst der Spritzhubschrauber „verabschiedet“ das historische Bauwerk
Walporzheimer Bahnhof hat seine Reise ins Freilichtmuseum angetreten
Walporzheim. Schweres Gerät ist Anfang der Woche in Walporzheim angerückt. Mit einem 300-Tonnen-Schwerlastkran und drei Tiefladern im Pendelverkehr „verabschiedete“ sich der Walporzheimer Bahnhof endgültig aus dem Ahrtal. „Wir werden ihn vermissen“, sagte Ortsvorsteher Gregor Sebastian, „können ihn aber jederzeit im Freilichtmuseum Kommern besuchen.“ Denn dort bekommt der kleinste Kopfbahnhof Deutschlands eine neue Bleibe. Die Fundamente sind schon gegossen und bis Ende des Jahres soll das Schmuckstück an seinem neuen Platz wieder in altem Glanz erstrahlen. Und dieses inklusive Gleisanlage und eine historischen Schienenbusses.
Viele Puzzleteile
Doch bis dahin haben die Zimmerleute des Freilichtmuseums noch etliches an Arbeit vor sich. Und auch hinter sich. Denn für die sogenannte „Großteillozierung“ haben sie in den vergangenen Wochen und Monaten den Bahnhof quasi zerlegt und so transportfertig gemacht, dass die vielen Puzzleteile in Kommern wieder zusammengefügt werden können. So gingen denn ab Montagmorgen Deckenteile, Wände und auch die Toilettenanlage unter großem Medieninteresse auf Reisen. Dafür pendelten die Tieflader zwischen Walporzheim und Kommern hin und her.
„Seit dem vergangenen Jahr mussten viele Rädchen ineinandergreifen, um ein so komplexes Bauprojekt von der Schiene auf die Straße und dann nach Kommern zu bringen“, sagte Museumsleiter Dr. Carsten Vorwig, der mit seinem kompletten Team und Ortsvorsteher Gregor Sebastian in Walporzheim den Abtransport beobachtete. Und auch „Kamikaze“ verabschiedete den Bahnhof. Der Spritzhubschrauber über den Weinbergen übertönte mit seinem Knattern fast das Aufheulen des Floßdorf-Krans.
Durch den Umzug des Bahnhofs bleibt laut Dr- Carsten Vorwig „ein wichtiges Stück Eisenbahngeschichte der Region erhalten.“ Auch die Deutsche Bahn zieht mit. Technik, Unterlagen, Inventar und Bahnsteigausstattung erhält das Freilichtmuseum. So soll das Gebäude möglichst authentisch für die Museumsgäste in Kommern erlebbar und die bedeutende Kulturgeschichte der Eisenbahn im Rheinland mit ihrer wichtigen infrastrukturellen Bedeutung für die Entwicklung des ländlichen Raums thematisiert werden.
Dass es sich in Walporzheim aktuell um einen Kopfbahnhof handelt, hängt mit Flut zusammen. „Für den zweigleisigen Neuausbau der Ahrtalbahn ab 1909 wurde in Walporzheim ein neuer Bahndamm gebaut. So hat das Gebäude die Flut glücklicherweise unbeschadet überstanden“, so Dr. Vorwig. Und dort endet eben bis zum Wiederaufbau der neuen Strecke die Fahrt mit der Ahrtalbahn.
Das soll jedoch nicht so bleiben. Der Wiederaufbau der Ahrtalbahn läuft auf Hochtouren. Sie wird mit moderner Technik wieder aufgebaut. Der Einsatz von moderner Leit- und Sicherungstechnik sei der erste wichtige Schritt zur Einführung eines 20-Minuten-Verkehrstaktes auf der Ahrtalstrecke. Ein wichtiger Schritt für die starke Schiene in der Region, unterstreicht Christian Sauer, Projektleiter Wiederaufbau Ahrtalbahn bei der Deutschen Bahn.
Alte Fotos gesucht
In Kommern wird indes im Sommer mit der Restaurierung des Bahnhofes und der Gestaltung seines künftigen Umfeldes begonnen. Und auch etliche „Kleinigkeiten“ werden eine neue Heimat finden, denn beim Abbau gab es immer wieder kleine Funde von alten Fahrscheinen bis zu Münzen“, wie
Bauhistoriker Raphael Thörmer erklärt. Er würde sich übrigens über alte Fotos „fürchterlich“ freuen und fragt in Richtung der Walporzheimer Bürgerschaft:
„Haben Sie noch historische Druckzeugnisse oder Fotos – vor allem aus der Zeit zwischen 1912 und 1970? Dann melden Sie sich bitte beim Freilichtmuseum unter der E-Mail-Adresse raphael.thoermer@lvr.de.
Wer künftig den Walporzheimer Bahnhof allzu sehr vermisst, kann in besuchen. Das Freilichtmuseum Kommern des Landschaftsverbandes Rheinland hat an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Dort ist der Bahnhof dann am „Marktplatz Rheinland“ zu finden.
GS