Der „Spieß“ der Prinzengarde Heimbach wird nach 22 Jahren abtreten
Ohne Menschen wie Norbert Polch funktioniert die Fassenacht nicht
Neuwied. Als Michael Bleidt, Präsident der KG Heimbach, nach einem passenden Kandidaten für die „Närrischen Highlights“, dem Thema des Monats, befragt wurde, überlegte er nicht lange: „Der Spieß, der hat es verdient“. Der „Spieß“ der Prinzengarde Heimbach heißt Norbert Polch. „Aber viele der Jungen wissen das gar nicht. Für die bin ich einfach nur der Spieß“, lacht der 71-Jährige. Seit er 1955 erstmals im Zug mitmachte, ist er fester Bestandteil der Fassenacht. Auszusetzen oder über die tollen Tage in den Urlaub zu fahren, kam ihm nie in den Sinn. Nur 1990 musste er zwangspausieren, als der Karneval wegen des Golfkriegs abgesagt wurde.
Karneval ist für Norbert Polch Kameradschaft und die Gemeinsamkeit von Jung und Alt. Viele Freundschaften seien im Laufe der Jahre entstanden. Der gebürtige Heimbach-Weiser und einzige Junge unter acht Geschwistern hat den Wandel in sechs Jahrzehnten live miterlebt. Die Eltern betrieben Landwirtschaft und hatten einen Rotschimmel. Diese Pferde waren kräftig und würdig, den Prinzenwagen zu ziehen. Mit Stanniol und vielen Spiegeln war er damals schon das Prunkstück des Veilchendienstags-Umzugs. Als Jugendlicher fing Norbert Polch mit dem Wagenbau an. Die Jungen kennen die Geschichten vom gefrorenen Kleister nur aus Erzählungen. Norbert Polch musste wegen des Frosts häufiger die Arbeit unterbrechen. In der Landwirtschaft hatte man im Winter viel Zeit und so kamen die Betätigungen in der Maxeins Scheune ganz gelegen. „Heute ist das noch immer so“, schmunzelt Renate Polch. Zwar ist der Krankenpfleger längst in Rente. Daheim rumsitzen ist aber nicht seine Sache. Kennengelernt haben sich die beiden Vollblut-Karnevalisten an einem Aschermittwoch 1977 im Anker. Der erste Aschermittwoch, an dem nicht alles vorbei war, sondern etwas Neues begann. Generationen von Wagenbauern konnten auf Norbert Polchs Hilfe zählen. Er legt Hand an, wo Hilfe benötigt wird. Zu schade ist er sich für nichts und so putzt er wie selbstverständlich auch die Klos in der Wagenbauhalle. Sonntags nach der Damensitzung hilft Norbert Polch beim Aufräumen der Festhalle. Wer tatenlos rumsteht, läuft Gefahr, einen ordentlichen Anpfiff von ihm zu bekommen. „Bevor die Halle nicht picobello ist, geht er nicht“, schwärmt Michael Bleidt.
Die KG Heimbach hat den unermüdlichen Helfer 2011 wegen „der ständigen Rufbereitschaft“ und der „vorbildlichen Arbeitseinsätze“ zum Ehrenmitglied ernannt. In jungen Jahren führte Norbert Polch die Vortragenden als einer von zwei Clowns mit Schweinblasen in den Wirtze-Saal. Eine ähnliche Rolle nahm er 1977 bzw. 1981 als Hofnarr im Gefolge von Prinz Egon Busch bzw. Norbert Gladeck ein. Und selber einmal Prinz sein? „Das kam für mich nie infrage. Ich stehe lieber in zweiter Reihe. Die Tradition ist mir wichtig, die Person ist zweitrangig“, sagt Norbert Polch. Ein Vierteljahrhundert gehörte er der Federballer Fußgruppe (heute die Ossis) an. Dazu gehörte das Kellnern in der Festhalle. Zu dieser Zeit gab es Wein oder Wasser, Bier gehörte nicht zum Ausschank. Im Gegensatz zu heute gab es in den 1950er und 1960er Jahren zahlreiche Preismaskenbälle, zu denen trotz damals noch eingeschränkter Mobilität viele Narren von auswärts kamen. Norbert Polch hatte dort ein ums andere Mal Türdienst.
Zur Prinzengarde stieß er 1990. Seinerzeit war die Prinzengarde nicht gerade in bester Verfassung. Gemeinsam mit Hauptmann Hans-Erich Schmidt bzw. später Peter Beicht wurde die Wende geschafft und die Truppe wuchs auf über 50 Mann an. Die Prinzengarde bekam Strukturen und Statuten. Schmucke neue Uniformen wurden angeschafft. 1993 wählten die Kameraden Norbert Polch zum „Spieß“. Der „Spieß“ ist hinter dem Hauptmann der zweite Mann in der Prinzengarde. Er hält die Truppe beisammen und sorgt dafür, dass keiner aus der Rolle fällt. Am Anfang lief der „Spieß“ durch das Dorf und verteilte die Gardisteninfo persönlich. Heute geht das per E-Mail. Bei der Heimbacher Damensitzung wird Norbert Polch nach zwei mal elf Jahren zurücktreten. Aus der Garde ausscheiden wird er nicht. Aber sich zurückzuhalten, das hat er sich fest vorgenommen. Bei den Wagenbauern hat er es zu häufig erlebt, dass die Alten die Jungen nicht ranließen. Am Ende lösten sich die Gruppen auf. Für die Heimbach-Weiser Fassenacht ist er zuversichtlich, auch wenn es selbst in der Karnevalshochburg immer schwerer fällt, Tollitäten zu finden. Norbert Polch schätzt, dass dies auch daran liegt, dass manche Prinzen, zum Teil schon die Eltern des Kinderprinzen, einen zu großen Aufwand betreiben. „Solche Maßstäbe zu setzen, macht es für die Nachfolger schwierig“, befürchtet er. Der „Spieß“ zieht vor jedem Prinzen den Hut. Mal von den Kosten abgesehen, stecke ein immenser Zeitaufwand dahinter. Die böse Rivalität zwischen den Fastnachtsgecken in Weis und Heimbach hat er miterlebt und ist froh, dass es trotz aller Konkurrenz heute nicht mehr ganz so verbissen zugeht. „Das Verhältnis zur Weiser Prinzengarde würde ich sogar als gut beschreiben“, schmunzelt Norbert Polch. Letztendlich stünde doch die Sache im Vordergrund.