„Jecke Wiever“ veranstalteten an Schwerdonnerstag Partys im gesamten Stadtgebiet

Die Möhnen haben alles fest im Griff

13.02.2015 - 15:57

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Möhnentreff im ganzen Stadtgebiet: Alaaf und jeckes Treiben war angesagt im Rathaus der Stadt. Das hat an Schwerdonnerstag seit vielen Jahren Tradition. Und traditionell bekamen die Herren Politiker an diesem jecken Morgen ihr Fett weg. Aber nicht nur dort übernahmen die Damen das Kommando, auch in den Ortschaften bis Walporzheim und Kirchdaun ging es den Herren den ganzen Tag an die Krawatte.

Üblicher Startpunkt für das Möhnen-Regiment an Schwerdonnerstag war das Rathaus der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler: Pünktlich um 9.11 Uhr eroberten die Möhnen das Rathaus. Von da an hatten Bürgermeister Guido Orthen und seine wackere Rathausmannschaft, sein Erster Beigeordneter Detlev Koch sowie die Beigeordneten in Bad Neuenahr-Ahrweiler nichts mehr zu melden. Wie seine Kollegen nahm es der sturmerprobte Orthen aber mit Humor. Schon den Schlips ließen sie alle im Büro. Schlechte Zeiten für Möhnen mit Scheren. Als der Bützchen-Sturm begann, standen sie ihm zur Seite auf der politischen Kommandobrücke.

Raderdoll waren die Wiever aus den Stadtteilen von Ehlingen über Bad Neuenahr bis Ramersbach, die nicht nur ausgefallene Präsente für ihren „Lieblingsguido“ mit an Bord hatten, sondern gleich die ganze Stadt-Mannschaft mit kommunalpolitischen Themen kielholten. Dazu wurde im „Prunksaal“ des Rathauses eine abwechslungsreiche Sitzung zelebriert, womit dann auch der Straßenkarneval offiziell eröffnet sein sollte. Heike Wernz-Kaiser hatte den Saal entsprechend karnevalistisch dekoriert, während die Musikcombo „De Kölsche Jung von der Ahr“ mit Stimmungsknallern und Karnevalshits Atmosphäre schaffte.

Mit Zylinder und im Anzug machte Bürgermeister Orthen der Wieverschar bereitwillig Platz. Mit den Ortsvorstehern im Schlepptau enterten die sieben Möhnengesellschaften das Rathaus. Und irgendwie wurde es dann doch politisch. Auch ernste Töne waren am jecken Donnerstag zu vernehmen. Was kommunalpolitisch abging im vergangenen Jahr, das ging auch an den Möhnen nicht spurlos vorbei. So bekam der Bürgermeister so manch unangenehme Wahrheit zu hören, obwohl er seine Begrüßungsrede noch in Reimform vorgetragen und damit Begeisterung hervorgerufen hatte.

Sodann holten die jecken Wiever aus. „Lieber Gott, gib uns Wasser, das Neuenahrer Wasser ist gut“ ließen die Kirchdauner Möhnen mit ihrer Obermöhn Ilse Alfter verlauten. Der Hintergrund: Noch immer wird das Wasser in großen Teilen der Stadt gechlort, nachdem das Trinkwasser vergangenes Jahr wochenlang nicht ohne Abkochen verwendet werden durfte. Bürgermeister Orthen nahm es gelassen, auch wenn die Walporzheimer Möhnen in dieselbe Kerbe schlugen: Dass in Neuenahr nun Chlorwasser getrunken wird, das hatten auch sie vernommen. Und servierten gleich ein Ersatzmittel(-chen): Walporzheimer Himmelchen. Mitgebracht hatten es Obermöhn Babette Herzog und ihre Kolleginnen.

Wie Walporzheim blieb auch Ahrweiler von den bösen Kolibakterien weitestgehend verschont. Ahrweilers Obermöhn Ursula Stark führte das auf das vermeintliche Elitedasein der beiden Orte zurück. Mehr als „Warum wohl?“ zu fragen, war da gar nicht nötig. Keinen Seitenhieb zum Chlorwasser leisteten sich derweil die Gimmiger Möhnen um Margret Küster. Stattdessen beschenkten sie Bürgermeister Orthen, den Hahn im Korb. Aber freilich gab’s die bunte Narrenkappe nicht ohne Hintergedanken: „Diese Kappe soll den ganzen Rathausschweiß aufsaugen. Davon fließt hier doch reichlich“, spotteten die Gimmiger Damen.

Kritik gab es hingegen wieder von den Ramersbacher Möhnen - und zwar ging es um die Frauenquote: Viel zu gering sei die in der Stadtverwaltung, bemerkte Obermöhn Regina Harz. Ob Bürgermeister, Stellvertreter oder Beigeordnete - „alles Männer“, sprach’s und erntete reichlich Beifall. Die Ramersbacher Obermöhn war es auch, die den einzigen wirklich ernsten Punkt ansprach. Immer weniger Frauen treten den Möhnengesellschaften bei, die Gruppen würden immer kleiner.

Klofrau Erna (Elke Prior) und Karl Ostermann alias Rosi Nuhn stimmten derweil wieder lustigere Töne an. Sie präsentierten eine raderdolle Büttenrede, an der auch Heimersheims Obermöhn Marlies Rohner nicht ganz unbeteiligt war. Aus Gimmigen in die ganze Welt entführten zwei neuerdings als Stewardessen beschäftigte Möhnen ihr Publikum. Auf ihren Flügen mit der Möwenpik-Eierlein ging niemals alles so richtig glatt.

Nachdem die fabelhaft geschminkte Tanzgruppe Rio Palace durch das Wunderland getanzt war, bewiesen die Heppinger Möhnen mit Simona Myschker, dass der Karneval jetzt seinen Höhepunkt erreichte: Pharell Williams‘ Gute-Laune-Song „Happy“ schallte durch den Saal - und Bürgermeister Orthen kannte den Tanz noch sehr gut. Hatte er doch für ein Video die Grooves des Kassenschlagers einstudiert. Purer närrischer Frohsinn.

Fest in Weiberhand war so auch das Ahrweiler Bürgerzentrum am Donnerstagnachmittag. An Weiberdonnerstag haben die Herren der Schöpfung ja bekanntlich nicht viel zu sagen. Für sie hieß es „Zutritt verboten“ - auch in Ahrweiler. Nur zum Bedienen wurde ihnen Einlass gewährt. Und noch einer stellte eine Ausnahme dar: der neue „Hahn im Korb“ in Ahrweiler, Ortsvorsteher Peter Diewald. Im Lauf des Nachmittags musste der Ortsvorsteher noch mehrmals beweisen, ob seine Schlagfertigkeit im Karneval ausgeprägt ist.

Rund 250 bunt und fantasievoll kostümierte Frauen säumten so um ihn herum das Bürgerzentrum bei der Sitzung der Ahrweiler Möhnenschar. Ihren Ehrentag zelebrierten die Närrinnen um Obermöhn Ursula Stark gebührend. Die langjährige Obermöhn nahm einen Platz im Damenelferrat ein. Das Programm bot ein Glanzlicht nach dem anderen - und das über mehrere Stunden. Zum 35-jährigen Bestehen der Ahrweiler Möhnenschar gratulierte im Verlauf der Veranstaltung auch die Ahrweiler Prinzessin Rita, die mit großem AKG-Gefolge in den Saal einzog. Tanz und Büttenreden gaben der Sitzung den Schliff: Es ging um die Tücken beim Computerkauf, die Suche nach dem „Mr. Right“, mollige und weibliche Formen und als Hommage auch um den kürzlich verstorbenen Entertainer Udo Jürgens.

Die Heimersheimer Showtanzgruppe Rio Palace begeisterte derweil das Publikum mit ihrer prächtigen Interpretation von Alice im Wunderland. Feurig und spektakulär war sodann auch die Bühnenshow der Bachemer Merle. Viel Applaus gab’s für ihren Beitrag „Schlager trifft op kölsche Tön“. Weitere Sketche um übergewichtige Stewardessen, Männer auf dem Klo und den Schlusspunkt, den Nonnenchor, hielten die Stimmung bis zum Abend auf dem Siedepunkt.

Auch in den anderen närrischen Hochburgen ging es heiß her am Nachmittag. Die Weiberfastnacht voll auskosten - das war auch die Devise der Möhnen in den östlichen Stadtteilen Heimersheim, Gimmigen und Heppingen. Dazu wurde auch gern frühes Aufstehen in Kauf genommen, immerhin ist es „ihr“ Tag. Nach der Stärkung am Morgen galt es pünktlich um 9.11 Uhr, das närrische Kommando über die Stadt zu übernehmen. „Eintritt für Männer verboten“ hieß es dann auch am Nachmittag bei den Möhnenveranstaltungen in Heimersheim, Gimmigen und Heppingen. Und wer sich als Mann dann doch den Kommandos der jecken Weiber widersetzte, dem ging’s an die Krawatte. Die närrischen Möhnen von Heimersheim feierten ihre Weiberfastnacht in der Landskroner Festhalle mit einem äußerst intensiven sechsstündigen Programm. Besuch gab es auch von Tollitäten samt Gefolge.

Die Möhnen aus Heppingen übernehmen bereits seit 1951 an Weiberdonnerstag die Herrschaft in ihrem Dorf. Erst seit 1996 heißen sie „Heppinger Käslöffele“. Schließlich ist der Käslöffel ein altes Heppinger Wahrzeichen. Kein Wunder also, dass auch der traditionsreiche Möhnenverein seinen Festtag mit einem bunten Programm im Heppinger Bürgerhaus feierte. Neben Kaffee und Kuchen erwartete die Gäste wieder ein tolles Programm aus Tänzen, Sketchen und Musik. Wie im vergangenen Jahr gab es auch wieder einen Preis für das schönste Kostüm und Gruppenkostüm. Und ab 18.11 Uhr durften sich dann auch alle Männer dazugesellen.

In Gimmigen übernahmen die jecken „Backeslämpchen“ das Kommando im Ort. Am Nachmittag traf sich Obermöhn Margret Küster dann mit zahlreichen närrischen Weibern im Bürgerhaus zum traditionellen Kaffeeklatsch. Fast pünktlich um 14.11 Uhr fiel der Startschuss für eine jecke Sause im Gimmiger Bürgerhaus. Tanzgruppen, Büttenredner(-innen), Gesangseinlagen und viel hoher Karnevalsbesuch hatten sich angekündigt.

Die Herren der Schöpfung hatten also wieder einmal einen schweren Stand an Weiberfastnacht in den drei Dörfern rund um die Landskrone. Mit einem weinenden Auge geben die Möhnenvereine ihre Regentschaft bis zum nächsten Weiberdonnerstag ab, wenn’s den Männern wieder „an die Krawatte“ geht.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Große Karnevalsgesellschaft Die Bemoosten

Sundowner After Work

Vallendar. Kühle Getränke, heiße Snacks, coole Musik: Erlebe die Abendsonne bei einem atemberaubenden Blick über den Vallendarer Rheinarm mit einem Glas Wein in der einen und einer Leckerei in der anderen Hand. Bei loungiger Atmosphäre hat die „Sundowner Stunde“ in dieser Kombination ihren ganz besonderen Reiz. Einfach kommen, chillen und genießen. mehr...

Straßenschilder, Laternen und eine Bushaltestelle besprüht

VG Unkel: Unbekannte sprühen Hakenkreuze

Bruchhausen. In der Nacht vom 18. auf den 19. Mai wurden in Bruchhausen mehrere Straßenschilder, Laternen und eine Bushaltestelle mit schwarzer Farbe besprüht. Dabei wurden unter anderem Hakenkreuze angebracht. Die Polizei hat gegen die unbekannten Täter ein Strafverfahren eingeleitet. BA mehr...

Regional+
 

Bertha-von-Suttner-Gymnasium: Schüleraustausch mit Ekeren (Belgien)

Zu Gast in Andernach

Andernach. Erstmalig fand in diesem Jahr ein Schüleraustausch der 9. Klassen des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums (BvSG) mit der belgischen Partnergemeinde Ekeren statt. Nachdem eine Gruppe aus Andernach Ende Februar spannende Tage in Belgien verbringen durfte, erfolgte nun der Gegenbesuch: über 50 AustauschschülerInnen und sechs Lehrkräfte kamen vom 24. bis zum 26. April ans BvSG. Dabei zeigte sich,... mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
Ehemalige Synagoge in Bad Neuenahr: Gedenkstein mit Farbe beschmiert

Polizei bittet um Hinweise

Ehemalige Synagoge in Bad Neuenahr: Gedenkstein mit Farbe beschmiert

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Im Zeitraum von Ende Januar bis Anfang Mai kam es in der Wadenheimer Straße in Bad Neuenahr zu vier Fällen von Sachbeschädigung. Dabei wurde der Gedenkstein, der an die ehemalige Synagoge der jüdischen Gemeinde Bad Neuenahr erinnert, durch Farbschmierereien verunstaltet. mehr...

Bonn: 13 Verletzte nach Wohnungsbrand

Wohnung im Erdgeschoss eines Gebäudes brannte

Bonn: 13 Verletzte nach Wohnungsbrand

Bonn. Bei einem Wohnungsbrand in einem Mehrfamilienhaus im Bonner Stadtteil Brüser Berg wurden 13 Personen verletzt, von denen acht in Bonner Krankenhäuser gebracht wurden. Das Gebäude ist wegen des Brandes derzeit unbewohnbar. mehr...

Auf ein Feierabendbier

Altenahr. Der CDU-Gemeindeverband Altenahr lädt alle interessierten Bürger zu seiner Veranstaltung „Auf ein Feierabendbier oder Wein mit Lukas Sermann“ am 27. Mai um 18.30 Uhr nach Altenahr in den Biergarten des Hotel Rulands ein. mehr...

Freude über neuen Sponsor

TuWi Adenau - Abteilung Basketball

Freude über neuen Sponsor

Adenau. Mit großer Freude begrüßen die Basketballer des TuWi Adenau die Köllemann GmbH als neuen Sponsor der Baskets Lions Adenau! Das Unternehmen aus Adenau ist ein führender Hersteller von Sondermaschinen und Anlagen und unterstützt die Lions ab sofort mit einem finanziellen Beitrag. mehr...

Europameister in San Marino

Kampfsportschule Fidelis

Europameister in San Marino

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Kampfsportschule Fidelis reiste mit zwei seiner Schüler nach Italien ins schöne Rimini. Hier nutzte man die Zeit am Strand bei bestem Gelato und die Abende ließen sie bei gutem Essen mit tollen Menschen ausklingen. mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
Amir Samed:
Demokratie ist für alle da, oder für keinen! Dies ist wirkliche Toleranz!...
Amir SAmed:
Frau Dreyer (SPD), Herr Lewentz (SPD) und Frau Spiegel (Grüne) haben in der Aufarbeitung der Ahrflut und in ihrere damaligen (und heutigen, bis auf Fr. Spiegel) Position als Verantwortliche, in einer Weise Schaden angerichtet, die unglaublich peinlich sind. Und damit das Fehlverhalten und die Unterlassungen...

Region: Neue Unwetterfront zieht auf

Klaus S.:
Danke für die Info. Aber die Zeilenumbrüche hätte man etwas leserlicher gestalten können....
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service