Deutsche Bahn hat den Bahnhof Bad Neuenahr endgültig veräußert
Bestand des DB-Reisecenters ist mittelfristig gesichert
Welche Zukunft haben Wartehalle und die Bahnhofsstuben?
Bad Neuenahr. Die Deutsche Bahn (DB) AG trennt sich bereits seit Jahren von den aus ihrer Sicht nicht gewinnbringenden Bahnhofsgebäuden- und Geländen. Dies trifft vor allem die Bahnhöfe- und Anlagen in kleineren Städten, vor allem aber in ländlichen Gebieten. So schaffte es DB Station & Service AG kürzlich auch, den Bahnhof Bad Neuenahr - nach einigen vorhergegangenen gescheiterten Versuchen (Blick Aktuell berichtete bereits in der Ausgabe vom 01. Februar 2016 exklusiv) - los zu werden. Erwerber des Bahnhofs Bad Neuenahr ist die Hennefer Firma LBB Immobilien Bernhard Brodeßer & Horst Löwenberg GbR. Der Kaufpreis beträgt rund 600.000 Euro. Das historische und denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude ist - zumindest in Teilbereichen - sanierungsbedürftig. Durch bestehende Verträge ist die Zukunft des DB-Reisezentrums im Erdgeschoss mittelfristig gesichert. Wie es allerdings um den dauerhaften Bestand dieser bedeutenden Serviceeinrichtung, der Bahnhofs-Wartehalle mit Fahrkartenautomaten sowie des bereits seit Jahrzehnten dort angesiedelten und beliebten Restaurants „Bahnhofsstuben“ steht, ist noch unklar. Ebenso, in welcher Form die übrigen Flächen in Erdgeschoss und den weiteren Etagen künftig erfolgen soll und ob die Außenfassade des Denkmalgeschützten Gebäudes erhalten bleibt. Blick Aktuell wird über die weitere Entwicklung berichten. Auf den Bahnverkehr soll der Verkauf des Gebäudes nach Aussage der Deutschen Bahn keinen Einfluss haben.
Historie
Der Journalist und Buchautor Matthias Röcke (Sinzig) ist auch durch seine langjährigen Aktivitäten im Dankmalschutz bekannt. Im Jahr 1987 hat er eine Publikation über den Bahnhof Bad Neuenahr veröffentlicht. Zur Einweihung der Ahrtalbahn im Jahr 1880 habe nur der westliche Teil im neugotischen Stil mit (zur Straßenseite) vorspringendem Portal und zwei Fensterachsen rechts und links davon gestanden. Ein Giebel betone die Front des zweistöckigen Hauses mit ausgebautem Dach. Auf der Bahnseite sei dieser Giebel kleiner ausgefallen. Ende der 1920er Jahre sei der Bahnhof wesentlich erweitert worden. An der Bahnseite sei eine relativ harmonische Einbindung des neuen Baukörpers gelungen, die Front sei in zehn Achsen aufgeteilt, die durch die hölzerne, neugotisch gestaltete Bahnsteighalle noch betont würden. Es habe einen kleinen Anbau nach Westen und einen großen Anbau nach Osten gegeben. Dort würden die sechs großen Fenster des Saales der Bahnhofsstuben Bad Neuenahr auffallen. Zur Straße hin sei die Zäsur durch den Anbau deutlicher zu erkennen. Nach Osten gebe es einen eingeschossigen mittleren Erweiterungsbau. Und als Abschluss einen zweigeschossigen Bau mit ausgebautem Dach und einem großen, zur Straße gewandten Giebel. Der mittlere Anbau habe ein zurückspringendes Dachgeschoss und ein weit heruntergezogenes, kleines Vordach im Erdgeschoss. Terrasse und Balkon des Abschlussgebäudes würden die Fassade zerklüften. Für Kontinuität zwischen alt und neu sorge allerdings das Baumaterial, nämlich einheimischer Bruchstein. Der ursprüngliche Eingang sei vom alten Gebäude in den mittleren Anbau verlegt worden. Am alten Gebäude mahne der Spruch “Immer heiter, Gott hilft weiter„, am Anbau - ebenfalls ein Stück Kontinuität - “Froher Mut, gesundes Blut„. Die Erweiterung habe das Erscheinungsbild des Bahnhofs insgesamt etwas unorganisch gemacht. Trotz des Anbaus mache der Neuenahrer Bahnhof jedoch einen guten Eindruck, da die Dimensionen des alten Bahnhofes im Großen und Ganzen nicht gestört worden seien. Ein großer, klar gegliederter Fachwerkschuppen nach Osten gehört ebenso zu den Nebengebäuden wie ein modernes Stellwerkhäuschen an den Gleisen. Westlich des Bahnhofsgebäudes gab es ein öffentliches Toilettenhaus, das im gleichen Stil und Material wie der Bahnhof gebaut wurde. Um 2005 wurde dieses Gebäude abgerissen und durch einen Neubau etwa 30 Meter westlich des Bahnhofsgebäudes ersetzt. In den 1970er Jahren wurde der Bad Neuenahrer Bahnhof zum schönsten Bahnhof der Bundesrepublik gekürt.
Imposantes Empfangsgebäude
Im Juni 2016 pries die Deutsche Bahn den Gesamtkomplex mit 1450 Quadratmetern Grundstücksfläche im DB-Immobilienkatalog für ein Mindestgebot von 575.000 Euro zum Kauf an. Objektbeschreibung: „Es handelt sich um ein imposantes, denkmalgeschütztes Empfangsgebäude, das zum Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Es ist ein repräsentatives dreigeschossiges Gebäude mit einem großen Walmdach. Das Empfangsgebäude verblüfft auf den ersten Blick durch eine Vielzahl architektonischer und bildhauerischer Gestaltungselemente.“ Im Erdgeschoss des westlichen Gebäudeflügels gebe es eine Leerstandsfläche, die als Gewerbefläche genutzt werden könne, sowie ein vermieteter Technikraum. Im ersten Obergeschoss seien zwei leer stehende Wohnungen mit 68 bzw. 94 Quadratmetern Grundfläche. Im Dachgeschoss befinde sich eine 65 Quadratmeter große vermietete Wohnung. Der mittlere Teil des Gebäudes mit 73 Quadratmeter großem Reisezentrum und Wartehalle samt Fahrkartenautomaten werde von der Bahn belegt. Deshalb sei ein Wegerecht zugunsten der Deutschen Bahn AG und der Reisenden erforderlich ….... Der Zugang zur Gaststätte sei sowohl vom Bahnhofsvorplatz als auch von der Wartehalle aus möglich. Das Dachgeschoss beherberge eine vermietete Wohnung mit einer Grundfläche von 95 Quadratmetern. Ost- und Westflügel des Gebäudes seien unterkellert, der Mittelteil nicht.