Johannes Adenäuer zeigte historische Bilder vom Dächelsberg
Geistige Wanderung durch die Geschichte
Niederbachem. Einen klassischen, heiteren Diavortrag hielt Johannes Adenäuer im Sankt-Gereons-Haus in Niederbachem über die Zeiten des Steinbruchs am Dächelsberg. Bevor allerdings zur Tat geschritten werden konnte, mussten Referent, Organisatoren und Publikum vom kleinen in den großen Saal umziehen, weil sich mehr als 80 Besucher zum Vortrag eingefunden hatten. Im vollen Saal präsentierte Adenäuer zuerst ein historisches Bild aus der Jahrhundertwende um 1900, auf dem Oberbachem und die Umgebung noch ohne den Straßenverlauf, der heute zu finden ist, betrachtet werden konnte. Auch der Steinbruch war auf diesem Bild zwar vorhanden, aber als solcher kaum zu erkennen. Anschließend folgte - mit eigenen Bildern illustriert - quasi eine geistige Wanderung durch die Geschichte.
Zwar war bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Genehmigung beantragt worden, das Areal als Steinbruch nutzen zu dürfen. Die wechselvolle Zeit und die schlechten technischen Voraussetzungen sorgten jedoch dafür, dass der Dächelsberg seine Hochzeit als Steinlieferant erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte. Außer dem Referenten selbst befanden sich einige weitere Zeitzeugen im Saal, die in der Nachkriegszeit das Aufblühen der Arbeiten und damit die vielfältigen Wirkungen und Veränderungen durch den arbeitgebenden Steinbruch miterlebt hatten. Im Nachbarort wurden Unterkünfte für die vielen Arbeiter geschaffen, die täglich am Dächelsberg ihr Werk verrichteten, womit die örtliche Wirtschaft florierte. Außer den Kräften vom freien Arbeitsmarkt kamen täglich viele Häftlinge aus der JVA in Rheinbach, die hier unter Bewachung schufteten. „Da waren immer Wachen mit Karabinern dabei“, erinnerte sich Adenäuer. Die Wachen hatten nicht nur ein Argusauge auf den täglichen Gefangenentransport, sondern auch auf die Arbeiten der Sträflinge. Ab und zu sei es vorgekommen, dass mal einer der Häftlinge entwich. Aber die seien schnell wieder eingefangen worden, berichtete Adenäuer.
Spannende Lkw
Viel spannender als die Häftlinge seien die Lkw gewesen, die seinerzeit aufkamen und für die Steigungen des Drachenfelser Ländchens mit voll beladener Ladefläche völlig ungeeignet waren. Weil sie sich so langsam dem Berg hinaufquälten, war es für die Dorfjugend ein Leichtes, sich mit den Fahrrädern hinten anzuhängen und sich mitziehen zu lassen - solange es niemand sah.
Unabhängig von den heiteren und positiven Aspekten des Steinabbaus am Dächelsberg bestimmten die Arbeiten für die Bewohner der umliegenden Orte den Tagesablauf. Im Sommer bis zu vier Mal, im Winter zwei Mal am Tag hörte man die Sirenen. Ab diesem Moment hatten sich alle aus den Gefahrenbereichen zurückzuziehen, Sicherheitsabstände einzuhalten und Straßensperrungen zu berücksichtigen. Erst wenn die Detonationen der Sprengungen vorbei waren, wurden die Straßen nach einem weiteren Sirenensignal wieder freigegeben.
Bis auf wenige Pannen habe das immer wie ein Uhrwerk funktioniert, wussten die Zeitzeugen zu berichten. Bei einem Unfall allerdings, der sich wegen einer zu früh ausgelösten Sprengung ereignete, verlor ein Ortsbewohner durch fliegende Steintrümmer ein Bein.
1967 hatte die Geschichte des Dächelsbergs als Steinbruch mit der Schließung sein Ende. Das Areal lag lange Zeit brach, bis sich die Gemeinde Wachtberg seiner annahm und wegen der Steinschlaggefahr weiträumig einen Zaun errichten ließ. Der Grund des tiefen Sees wurde aufgeschüttet, sodass in dem heutigen Biotop nur noch eine geringe Wassertiefe vorhanden ist. In dieser geschützten Umgebung siedelten sich viele selten gewordene Pflanzen- und Tierarten an. Heute lassen sich der Dächelsberg und das Biotop im alten Steinbruch von einem Aussichtspunkt unweit der Landstraße zwischen Oberbachem und Niederbachem beobachten.