Sinzigerinnen Margit Betzing, Martha Breuer und Ute Grzenia sind seit der Hochwasserkatastrophe mit „Helfenden Händen“ im Einsatz

Helfende Hände sammelten Unmengen Schwemmgut

01.07.2022 - 08:57

Sinzig. Sie gehört zu den Helferinnen und Helfern, ohne deren Einsatz einige Bereiche im überfluteten Ahrtal nicht so weit wären, wie sie jetzt schon sind. Ihr Lebensmittelpunkt war schon vor der Flut ihre Heimatstadt Sinzig. Mit der Initiative „Helfende Hände“ mobilisierte Margit Betzing gemeinsam mit den Sinzigerinnen Martha Breuer und Ute Grzenia etliche Mitstreiterinnen und Mitstreiter – weit über die Grenzen des Kreises Ahrweiler hinaus. Wenn sie riefen, reisten auch Vereine und Familien nach Sinzig, um zu helfen und Arbeiten auszuführen, um die manch einer einen großen Bogen gemacht hat.

Sie kraxeln in Böschungen, klettern auf Bäume, rutschen auf allen Knien durchs Gebüsch oder stiefeln durch die Ahr. Und sie sammelten bislang tonnenweise Schwemmgut und Müll – alles was die Hochwasserkatastrophe vor knapp einem Jahr in die Ahrauen und ans Rheinufer geschwemmt hatte. Und das in bislang mehr 20 Sammelaktionen.

„Ganz ehrlich: Es hat zunächst Wochen gedauert, bis ich mich überwinden konnte, an die Ahr zu gehen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil unser Grundstück von dem Hochwasser verschont geblieben war. Das Wasser stand knapp davor“, erinnert sich Margit Betzing. „Und ich hatte viel Mitgefühl und Respekt vor den betroffenen Menschen.“

Als sie sich überwunden hatte und das Elend am Ahrufer sah, stand für sie und für ihren Mann Holger Betzing fest: „Wir müssen helfen!“

Mit den Sinzigerinnen Martha Breuer und Ute Grzenia stampften sie eine Sammelaktion nach der anderen aus dem Boden. Vor allem über die sozialen Medien und Mundpropaganda geben sie ihre Sammeltermine bekannt: Ein Foto und die Worte „Wer hilft?“ reicht meist als Appell zum Mitmachen. „Es fanden sich bislang auf Anhieb viele Unterstützer“, erzählt Margit Betzing weiter. „Zwei türkische Familien aus der Nachbarschaft sorgen für das Essen und gehören zur Stammmannschaft wie viele andere Wiederholungstäter auch“, schwärmt die 58-Jährige. „Meine Mutter hat die Getränke bezahlt, weil sie bedauerte, mit 88 Jahren nichts tun zu können. Handschuhe und Mülltüten haben wir uns selbst besorgt. Die Westumer Udo und Dennis Walbröhl unterstützten die „Helfenden Hände“ mehrfach mit schwerem Gerät. Ohne deren Einsatz hätten manche Teile gar nicht geborgen werden können.

„Martha, Ute und ich waren uns nicht zu schade, auch Institutionen um Unterstützung zu bitten. Man muss einen langen Atem haben“, weiß sie heute.

„Es war unglaublich, wie schnell sich das herumgesprochen hat und wie viel Verbundenheit gezeigt wurde“ so die Erzieherin. So auch, als sie am Ahrufer im Bereich des Sinziger Schulzentrums und „Rick-Gelände“ eine Sammelaktion starteten. Die großen Umweltgruppen K.R.A.K.E. (Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit) und die Düsseldorfer Blockblogs Cleanup aus Düsseldorf meldeten sich zur Unterstützung an. Und das zog Kreise. Auch ein Team des SWR kam. Der Helfer-Shuttle organisierte unter anderem Container. „Zwischen Bad Bodendorf und der Ahrmündung Sinzig waren mehr als 130 Menschen im Einsatz. Sogar der Bürgermeister stattete uns einen Besuch ab,“ so Betzing.

Neben vielen unbrauchbaren Kleidungsstücken, Mülltonnen, zerstörten Gegenständen, Ölfässern, Tanks und Flaschen fischten die Helfenden unter anderem Tausende Plastikverschlüsse aus den Ahrauen.

„Bis zum Frühjahr haben wir beinahe alle 14 Tage eine große oder kleine Aktion durchgeführt. Das Sammeln selbst machte mich oft sehr traurig und betroffen. Häufig fragte ich mich, was hängt an dieser Jacke für ein Schicksal und dachte, wenn die Kleidungsstücke nur sprechen könnten.“

Die Unterstützung, das Miteinander und die zwischenmenschlichen Beziehungen, die entstanden sind, seien sehr toll und bewegend gewesen. In wenigen Tagen treffen sich die Beteiligten zu einem Helferfest. „Auch die Anerkennung vieler Menschen hat gutgetan“, ergänzt sie. „Diese Sammelaktionen lösen auch ein gewisses Suchtpotenzial aus“, verrät Margit Betzing lachend. Keine Frage, dass sie und ihre Mitstreiterinnen künftig bei Bedarf auch weitere Aufräumaktionen initiieren. Ihre Motivation: Dankbarkeit, selbst nicht betroffen zu sein. „Das Hochwasser in der Nacht zum 15. Juli 2021 stand bis wenige Meter vor unserer Haustür. Bis dahin wurden auch Autos angeschwemmt. Es war alles unglaublich. Mit diesen Aktionen möchten wir unsere Dankbarkeit weitergeben, an die, die nicht so viel Glück hatten wie wir.“

Weitere Beiträge zu den Themen

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Tier der Woche aus dem Tierheim Mayen

Hübsche Tigerin sucht geduldige Dosenöffner

Mayen. Die noch recht junge Bengal-Katze wurde bereits im Juni diesen Jahres hochtragend am Hit-Getränkemarkt in Mayen aufgefunden. Puna, wie das Team des Tierheims in Mayen sie nannten, durfte auf einer lieben Pflegestelle ihre zwei Babys zur Welt bringen. Leider überlebte nur ein kleiner Kater, der bereits seine Familie gefunden hat. Puna ist nach wie vor sehr zurückhaltend und sucht Menschen, die ihr alle Zeit lassen, die sie braucht, um anzukommen. mehr...

Besucher aus nah und fern sind begeistert von der kunstvollen Gestaltung des Krippenweges im Fachwerkdorf

Monreal erstrahlt im Glanz von über 120 Weihnachts-Krippen

Monreal. Es ist schon ein zauberhaftes, ja, märchenhaftes Dörfchen, dieses Monreal, die Perle im Elztal. Nicht nur die vielen wunderbaren weihnachtlichen Aktionen, wie ehemals das „Türchen öffnen“beim Monrealer Adventskalender, oder nun schon zum fünften Mal der „Krippenweg“ mit in diesem Jahr bereits 120 Exponaten, zeugen vom Einfallsreichtum der Menschen unter den beiden trutzigen Burgen. Wie jedes Jahr erstrahlen der Marktplatz und das Viergiebelhaus in der Adventszeit wieder im Lichterglanz. mehr...

Event +
 

ÖPNV-Kooperation mit dem Rhein-Sieg-Kreis wird weiter ausgebaut

Kreis Neuwied. „Es freut mich sehr, dass die seit Juni 2020 bestehende Kooperationsvereinbarung zwischen dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Landkreis Neuwied zur Bereitstellung des Busverkehrs in den Verbandsgemeinden Asbach, Unkel und Linz durch die RSVG erweitert werden konnte“. Mit diesen Worten kommentiert Landrat Achim Hallerbach den Betrieb des neugestalteten Busnetzes im Linienbündel Linz am Rhein,... mehr...

Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz

Energietipp

Bad Neuenahr. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz informiert über die Dämmung der obersten Geschossdecke von Wohngebäuden gemäß dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Diese Dämmung ist verpflichtend, wenn entweder keine Dämmung vorhanden ist oder der definierte Mindestwärmeschutz nicht erfüllt wird. Alternativ kann auch die Dachschräge gedämmt sein. mehr...

 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
 
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare

Ehemaliger Schüler spendet neue Computer

Ferdinand:
In den aktuellen Zeiten der enormen Entwicklung von künstlicher Intelligenz finde ich es auch wichtig, dass unsere Schüler schon auf dem Gymnasium eine vernünftige Informatikausbildung bekommen. Dafür ist neben motivierten Lehrern eine ordentliche Ausstattung die Grundvorraussetzungen. Super Aktion...
Anna M:
Inspirierend! Meine Tochter hatte mir schon von der neuen Computerausstattung im KSG erzählt, aber nicht von der Spende. Durch diesen Artikel und vor allem durch diese Unternehmerkarriere des noch recht jungen KSG Absolventen möchte sie jetzt auch Informatik in der Oberstufe wählen. ...
Georg H:
Wow! Sehr beeindruckende Aktion mit so einem persönlichen Bezug. Bin mir sicher, dass diese Aktion sowohl Schüler motiviert den Informatikunterricht mit größerer Weitsicht zu betrachten als auch Ehemalige motiviert etwas für Ihre alte Schule zu tun… Beeindruckend finde ich auch, dass das KSG schon...
Amir Samed :
Bürgerbeteiligung und ausgerechnet die Lieblingsprojekte der grünen "Transformation" knallen an die harte Wand der Realität: Wärmepumpen und E-Autos wird der Strom abgedreht, wenn's demnächst eng wird. Der Ausbau der Niederspannungsnetze hinkt auf Jahre hinter dem Bedarf her, weil zu viele Straßen dafür...
Amir Samed:
Sogar die Krankenversicherung wird teurer, aber wer krank wird, der muss warten oder sich im weiteren Umfeld eine Klinik suchen, so diese noch Patienten aufnimmt. Man sollte einmal kritisch darüber nachzudenken, warum man im besten Deutschland aller Zeiten beim Arzt weder Termine noch freie Behandlungen...
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service