Öffentliche Sitzung des Mendiger Stadtrats
Bebauungsplan für neues Wohnprojekt mit Stimmenmehrheit verabschiedet
Mendig. Zur öffentlichen Sitzung des Mendiger Stadtrats hieß Stadtbürgermeister Hans Peter Ammel am Dienstag, 25. September, u. a. VG-Bürgermeister Jörg Lempertz, den Leiter der Bauabteilung Andreas Loeb, Thomas Zellmer von der Firma Stadt-Plan-Plus sowie ca. 60 Zuschauer willkommen, bei denen es sich offensichtlich um Befürworter und Gegner des im Verlauf der Sitzung diskutierten Tagesordnungspunktes „Bebauungsplan Martinswald / Ernteweg“ handelte.
Im Focus der Sitzung stand der Tagesordnungspunkt „Bebauungsplan Martinsheim / Ernteweg, Würdigung der eingegangenen Stellungnahmen und Verfahrenswechsel“. Hierzu sagte Stadtbürgermeister Ammel: „Das Verfahren, welches heute Abend zur Beratung und Beschlussfassung ansteht, hat im Vorfeld bereits einen gewissen Wirbel verursacht. Am Donnerstag fand die Sitzung des Bauausschusses statt, in deren Verlauf über alle Einwände und Anliegen der Mendiger Bürger abgestimmt wurde. Nachdem der Bauausschuss dem Stadtrat das Ergebnis der Sitzung mitgeteilt hat, wird der Rat heute über einen endgültigen Beschluss abstimmen. Bevor wir jedoch in das Thema einsteigen, möchte ich aufgrund der Erfahrungen während der Bauausschuss-Sitzung insbesondere Ihnen als Zuschauer mitteilen, dass in den kommunalen Richtlinien nicht vorgesehen ist, Beifall oder Missfallenskundgebungen seitens der Zuschauer zu dulden. Darüberhinaus bitte ich darum, dass sie ihre Handys ausschalten, da während der Bauausschuss-Sitzung auch ständige Handysignale den Verlauf der Sitzung gestört haben!“
Zusammenfassung des Sachverhalts
Sodann fasste der Stadtbürgermeister den aktuellen Sachverhalt noch einmal kurz zusammen: „Für die in einem Bebauungsplan zusammengefasste geplante Entwicklung eines neuen Wohnprojektes in Mendig soll oberhalb der Straße ‚Ernteweg‘, das Gebiet ‚ehemaliges Martinsheim‘ genutzt werden. Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 21.03.2017 den Aufstellungsbeschluss gem. § 2 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 13 a BauGB (beschleunigtes Verfahren) gefasst. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne des § 13 a fand bereits statt. Weiterhin ist im vorliegenden Fall das Verfahren nach § 13 b BauGB durchzuführen, da es sich bei den betreffenden Flächen planungsrechtlich um Außenbereichsflächen handelt. Der Verfahrenswechsel soll in der heutigen Sitzung beschlossen werden. Der § 13 b lässt unter bestimmten Voraussetzungen eine Entwicklung von Flächen im Außenbereich zu. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der § 13 b verweist auf den § 13 a und somit kann das beschleunigte Verfahren durchgeführt werden. Die artenschutzrechtliche Prüfung und die Verkehrsabschätzungen sind zwischenzeitlich erfolgt und liegen allen Ratsmitgliedern vor.
Der Bauausschuss hat in seiner Sitzung am 20.09.2018 über diesen Tagesordnungspunkt bereits ausführlich vorberaten. Von Seiten der Ratsmitglieder wurde mir der Vorschlag unterbreitet, heute Abend nicht noch einmal die vom Bauausschuss bearbeiteten 26 Punkte ‚herunter zu beten‘, sondern der Empfehlung des Bauausschusses zu folgen und en bloc auch über den entsprechenden Verfahrenswechsel in § 13 b abzustimmen.“
Fraktionen nehmen Stellung
Bevor es jedoch zur Abstimmung kam, gab er den Fraktionen die Gelegenheit, noch einmal zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.
Helmut Selig, SPD-Fraktionsvorsitzender, ging zunächst auf einen jüngsten Zeitungsbericht ein, in dem die Stadtratsmitglieder bei ihrem Stimmverhalten als „Hampelmänner“ bezeichnet bzw. zitiert wurden. „Dies ist der Sache in keiner Weise dienlich. Wir – und damit meine ich alle Fraktionsmitglieder – sind ehrenamtlich viele Stunden damit befasst, uns für die Interessen der Mendiger Bevölkerung einzusetzen. Auch im vorliegenden Fall haben wir in den Ausschüssen und im Rat immer genau abgewogen: Wo liegen die Interessen der Anlieger, des Antragstellers und auch der Stadt – und zwar auf sachlicher Ebene. Was wir hier erleben, ist jedoch Polemik pur! Wenn ich dann noch erfahre, dass Herr Gunkel seine Aussage dementiert und nicht zu seinem Wort steht, fällt mir nichts mehr ein. Es gibt jedoch auch Bürger, welche sehr wohl verstehen, dass Polemik der Sache nur schadet. Sie haben ihr Anliegen sachlich vorgetragen und ihnen wurde selbstverständlich auch sachlich geantwortet.“
Lothar Tentler, CDU, merkte zunächst an, dass ebenso wie in ganz Deutschland auch in Mendig neuer Wohnraum benötigt werde. „Wir als Stadträte haben für die Fortentwicklung unserer Stadt Sorge zu tragen. Dazu zählt auch, dass der Rat selbständig Neubau-Gebiete entwickelt oder auch Investorenprojekte auf den Weg bringt. Dass alle Baugebiete und Bauvorhaben meist auch einen Eingriff in die Natur bedeuten, weiß jeder, der schon einmal gebaut- und auch seinen Anteil dazu beigetragen hat. Dies trifft übrigens auch auf viele der hier Anwesenden zu! Die Mitglieder der CDU-Fraktion haben sich in Sachen Bebauungsplan Martinswald/Ernteweg ausgiebig in unterschiedlichen Zusammensetzungen mit den anonymisierten Stellungnahmen befasst und jeder hat die 135 Seiten gelesen und aufgrund der gesetzlichen Möglichkeiten bewertet. Im Einzelnen waren dies 99 Seiten ‚Würdigung der Stellungnahmen‘, 30 Seiten ‚Artenschutzrechtliche Vorprüfung‘, drei Seiten ‚Aufstellung Bebauungsplan Verlängerung Eichenweg‘ und drei Seiten ‚Aufstellung Bebauungsplan Ernteweg‘“, so Lothar Tentler.
Grüne stimmen Planungen nicht zu
Stephan Retterath, Fraktionsvorsitzender Bündnis90/Die Grünen, votierte zwar für eine En bloc-Abstimmung, gab jedoch gleichzeitig bekannt, dass die Grünen den Planungen nicht zustimmen würden. Hierzu nannte er folgende Beweggründe: „1. Das beauftragte Planungsbüro arbeitet parallel für die Stadt und den Investor. Deshalb ist eine neutrale/objektive Herangehensweise nicht gewährleistet. 2. Die Problematik Eichenweg wurde nicht ausreichend beleuchtet. 3. Oberflächenwasser-Problematik wird de facto verschärft (erhöhtes Aufkommen). 4. Abholzung von ca. einem Hektar Wald ist nicht akzeptabel. Ausgleichsmaßnahmen sind nicht näher zu kommentieren. 5. Schädlicher Einfluss auf angrenzendes Naturschutzgebiet kann nicht ausgeschlossen werden. 6. Auch verkehrstechnisch gehen wir im Rahmen beider Baugebiete von einer erheblichen Mehrbelastung für diese bisher ruhige Wohnlage aus. Eine eigenständige Erschließung wäre notwendig. 7. Greifbarer Vorteil für die Stadt Mendig unseres Erachtens nicht ersichtlich. 8. Politik der Gremien nicht nachvollziehbar. Augenscheinlich fehlende Sachkenntnis in der Materie, ‚Schwarzer Peter‘ wird der Verwaltung zugeschoben. Verantwortung wird dementsprechend nicht übernommen.“
Stadtbürgermeister Ammel bemerkte dazu: „Wir werden wohl auch heute Abend keine Übereinkunft mit den Grünen erzielen. Auf die kritisierten Punkte wurde bereits eingegangen. So wurde u. a. auch die Neutralität des Planers dahingehend erläutert, dass der Investor die Kosten für die Planung trägt und die Stadt ihn somit auch nicht außen vor lassen kann. Der Investor hatte jedoch nie Einfluss auf das Verfahren, da hier die Verwaltung, der Ausschuss und die Gremien der Stadt sowie die Fachbehörden eine unüberwindliche Hürde darstellten. Im Übrigen wurden an den ursprünglichen Plänen tiefgreifende Veränderungen mit Rücksicht auf den Naturschutz, Wasserschutz und Fragen zum Verkehrsschutz vorgenommen.“
Zu den nächsten Schritten des Verfahrens sagte Bauamtsleiter Andreas Loeb: „Der heutige Beschluss hat nur den Abschluss der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit zur Folge. Im nächsten Schritt wird der Planer mit uns und dem Investor einen Entwurf des Bebauungsplanes erarbeiten sowie die Entwässerungs- und Straßenplanung entsprechend vorbereiten, so dass diese in einer der nächsten Sitzungen dem Gremium vorgestellt werden können. Dann wäre die Annahme als Entwurf der Planung zu beschließen. Nach der Offenlage und der Beteiligung der ca. 50 Träger öffentlicher Belange muss über evtl. Änderungen beraten werden und eine entsprechende Antwort erfolgen. Wenn dies zur Zufriedenheit aller geschehen ist, stehen der Satzungsbeschluss und der Abschluss des Vertragswerkes an.
Mit Stimmenmehrheit – bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung – votierte der Stadtrat für folgenden Beschlussvorschlag: „Der Stadtrat stimmt dem Verfahrenswechsel zu und beschließt, das Bebauungsplanverfahren nach den Voraussetzungen des § 13 b BauGB durchzuführen. Des Weiteren nimmt der Stadtrat der Stadt Mendig die Stellungnahmen zur Kenntnis und beschließt diese gemäß der dem Rat vorliegenden Einzelbeschlüsse.“ FRE