Mitgliederversammlung des Städtetages RLP in Mayen

„Es sind die Menschen, die eine Stadt ausmachen und nicht die Häuser“

Oberbürgermeister Treis in die Spitze des Städtetages RLP gewählt

09.12.2019 - 13:18

Mayen. Kommunale Spitzenverbände sind freiwillige Zusammenschlüsse von kommunalen Gebietskörperschaften zum Zweck der gemeinschaftlichen Interessenvertretung. In Rheinland-Pfalz existieren drei kommunale Spitzenverbände. Im Einzelnen sind das der Landkreistag, der Städte- und Gemeindebund als Verband der kleineren Städte und Gemeinden und der Städtetag als Verband der größeren Städte. In ihm sind 31 rheinland-pfälzische Städte von Alzey bis Zweibrücken zusammengeschlossen, insbesondere die zwölf kreisfreien und die acht großen kreisangehörigen Städte sowie weitere Einrichtungen wie beispielsweise die Pfälzische Pensions Anstalt und die Rheinischen Versorgungskassen. Der Städtetag Rheinland-Pfalz hatte zu seiner diesjährigen Mitgliederversammlung in die Stadt Mayen geladen und stand unter dem Motto „Orientierung bieten! - Trends, Herausforderungen und Perspektiven der Städte in Rheinland-Pfalz“. Ähnlich einem Verein gehörten Regularien zur Mitgliederversammlung wie Geschäftsbericht, Kassenbericht und Wahlen, die alle vor dem öffentlichen Teil erledigt wurden.

Bei den diesjährigen Wahlen wurde der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling, SPD zum Vorsitzenden gewählt. Erster stellvertretender Vorsitzender wurde der bisherige Vorsitzende Thomas Hirsch, CDU als Oberbürgermeister von Landau. Als zweiten stellvertretenden Vorsitzenden wählte das oberste Gremium des Städtetages den Mayener Oberbürgermeister Wolfgang Treis von Bündnis 90/Die Grünen. Damit besteht zum ersten Mal in der Geschichte des Städtetages der Vorsitz aus Vertretern von drei Parteien.

Herr Treis hatte zuvor schon fünf Jahre im Vorstand des Verbandes mitgearbeitet und soll künftig auch den Vorsitz des Arbeitskreises der großen kreisangehörigen Städte übernehmen.

Nach einem musikalischen Auftakt durch Esther Strehle und Antje Germer eröffnete der frisch gewählte stellvertretende Vorsitzende Thomas Hirsch den öffentlichen Teil des Tages und begrüßte die zahlreichen geladenen Gäste darunter auch schon Staatssekretär Randolf Stich vom Innenministerium und Prof. Dr. Carsten Kühl, dem ehemaligen rheinland-pfälzischen Finanzminister und heutigen wissenschaftlichen Direktor sowie Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Urbanistik.

In seinen begrüßenden Worten stellte Hirsch die Forderung auf zur Einrichtung einer Konnexitätskommission, die eine Lösung sein könnte bei den ständigen Streitigkeiten mit Bund und Land (Stichwort: Wer bestellt bezahlt) über eine ausreichende Finanzausstattung für auf die Kommunen übertragene Aufgaben.

Als Oberbürgermeister der Stadt Mayen stellte Wolfgang Treis in einem kurzen Grußwort die Vorzüge der Stadt anhand einiger Schlagworte wie Stadt der Märkte, den Lukasmarkt als größtes Volksfest im nördlichen Rheinland-Pfalz oder die Burgfestspiele heraus.

Geschäftsführer Artur Wierschem vom Bundesbildungszentrum des Deutschen Dachdeckerhandwerks vermittelte gleiches zur in Mayen nur kurz Dachdeckerfachschule genannten Bildungseinrichtung. Die Schule wurde 1925 hier gegründet und bekam 1938 von der Stadt das Grundstück geschenkt, auf dem sie noch heute residiert.


Es sind die Menschen die eine Stadt ausmachen...


Der neu gewählte Vorsitzende Michael Ebling leitete seine Rede mit einer Weisheit der britischen Insel ein, was seinen Worten zufolge heute eher selten von daher kommt. „People not houses make the city“ oder übersetzt: Es sind die Menschen, die eine Stadt ausmachen und nicht die Häuser. Die Zukunft der Städte müsse mit dem Umland gemeinsam gedacht werden. Städte können nicht immer weiter wachsen. Im weiteren Verlauf streiften seine Ausführungen die Themen Klimawandel, bezahlbarer Wohnraum, Verkehrswende und die Altschulden. „Die Zukunft der Städte wird an der Vergangenheit scheitern, wenn ihnen die finanzielle Unterstützung von Bund und Land versagt wird“ so Ebling, der die Verkehrswende auf dem Verbandstag als Thema zum Groß denken bezeichnete und nicht zum Zögern. Es gibt sicher zahlreiche Menschen in Mainz, die ihm das nicht abnehmen würden.

Viele Teilnehmer und Gäste des Tages hatten mit Spannung die Ansprache des Staatssekretärs Randolf Stich aus dem Innenministerium erwartet, der schon regelmäßig immer dann fragende Blicke ertragen musste, wenn die Vorredner das liebe Geld ansprachen. Der Bund müsse dringend die übertragenen Sozialaufgaben angemessen vergüten, aber auch die Kommunen müssten helfen die besonders davon betroffenen Liquiditätskredite in den Griff zu bekommen und zurückzuführen. Die Digitalisierung und das E-Government seinen Schwerpunkte der Landesregierung aber kein Selbstzweck. Das Angebot aller Verwaltungsleistungen in digitaler Form müsse im Sinne der Bürger geschehen. Bei der kommunalen Verwaltungsreform seien alle Beteiligten in einem stetigen konstruktiven Gespräch. Ausführlich widmete sich Staatssekretär Stich dem schwierigen Thema Hass und Hetze sowie körperlicher Angriffe auf Politiker vom kleinsten Ort bis hinauf in die Landespolitik, deren traurige Höhepunkte der Messerangriff auf die Kölner Oberbürgermeisterin Reker darstellen oder der Mord am Regierungspräsidenten Lübcke. 65 Prozent der Kommunen hätten bereits negative Erfahrungen mit Reichsbürgern gemacht und 150 der etwa 650 Rechtsextremisten in Rheinland-Pfalz seien gewaltbereit. Starke Unterstützung erhielten diese Kräfte vom und durch das Internet.

Landtagspräsident Hendrik Hering musste sich kurzfristig entschuldigen. Anstelle dessen sprach Landtagsvizepräsident Hans-Josef Bracht das vorgesehene Grußwort. Im Land werden die Städte Mainz, Koblenz und Trier die Wachstumszentren bleiben, von denen Städte wie Mayen profitieren könnten, wenn sie berücksichtigen, das Datenautobahnen künftig genau so wichtig sein werden wie Autobahnen im Straßenverkehr.


„Was den Städten wichtig ist...“


Nach einem musikalischen Zwischenspiel durften sich Mitgliederversammlung und Gäste endlich auf den Vortrag von Prof. Dr. Carsten Kühl freuen zu dem Thema „Was den Städten wichtig ist ...“. Er beleuchtete darin intensiv die Schwerpunkte Wohnen, Infrastruktur und Digitalisierung, also eher zeitgemäße denn zukünftige Themen. Dies weil er lieber Aufgabengebiete seines Fachgebietes vorträgt als Texte, die ihm andere geschrieben haben aus deren Tätigkeit im Institut. Das Grundrecht Wohnen werde zunehmend zum Luxusgut und es stellt sich die Frage: Was ist bezahlbar? Der Staat müsse dies diskutieren und habe mit dem Wohngeld ein gutes Instrument zur gerechten Verteilung. Die Kommunen müssten Bodenbevorratung betreiben als wichtigstem Preistreiber beim Wohnungsbau. Das gelte nicht nur für finanzkräftige Städte und Gemeinden mit Haushaltsüberschüssen und darauf müsse auch der Rechnungshof Rücksicht nehmen. Das Problem mit der Infrastruktur ließe sich kurzfristig nicht mit Geld beheben, so Kühl, denn 2018 wurden von haushaltsmäßig verfügbaren 34,7 Mrd. Euro lediglich 22,6 Mrd. Euro verausgabt. Das Baugewerbe sei ausgelastet wie nie und man müsse ihm eine langfristige Garantie geben, dass die Aufarbeitung des Investitionsstau der Infrastruktur kein Strohfeuer sein wird. Bei der Digitalisierung sieht Prof. Kühl in Smart Cities die Zukunft. Über künftige Infrastrukturen hat der Staat die Hoheit und müsse diese Chance nutzen. Die Herausforderung dabei: Erfolgsrezepte von gestern funktionieren morgen nicht mehr. Kein Mensch könne heute beim Schach noch gegen einen Computer gewinnen. Man muss den Menschen erklären, dass künstliche Intelligenz und Algorithmen künftig die besseren Entscheidungen in vielen Bereichen des Lebens treffen können.

Mit einem Imbiss klang die Mitgliederversammlung des rheinland-pfälzischen Städtetages im Jahr 2019 aus und Gäste sowie Teilnehmer vertieften sich zügig in intensiven Gesprächen dabei. WE

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K. Schmidt:
Ich glaube, innerhalb der anderen Parteien verstehen das sehr, sehr viele. Aber weil die Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene zu sehr befürchten, Macht abzugeben, oder aus anderen unerfindlichen Gründen, nimmt man dort schon gar nicht mehr wahr, was die eigene Parteibasis denkt. Wenn man...
Amir Samed:
Am meisten nutzt es der AfD aber, dass die in Bund und Ländern regierenden Parteien immer noch nicht verstehen wollen, was ihnen die meisten AfD-Wähler mit ihrer Stimmabgabe eigentlich sagen möchten....
K. Schmidt:
Herr Müller: "Die Lüge gehört zum politischen Geschäft... Man mag mit der Politik der vergangenen Jahrzehnte nicht einverstanden sein, was man auch nicht kann..." Richtig erkannt. Nur wen wählt man nun? Und wie stehen Sie zu der von den "Omas" offenbar gefeierten "Brandmauer", die in sehr vielen Konstellationen...
Gabriele Friedrich:
@Amir Samed, Sie sollten besser aufpassen mit ihrem Betondenken der AfD....
Gabriele Friedrich:
Ach die AfD, blamiert sich mittlerweile nur noch und langsam kommen die Straftaten raus. Ist doch hervorragend wie *Krah* sich selber entfernt von den Wahlplakaten, wie Höcke sich schwitzend blamiert mit seinem Geschichtsbuch und er vor Gericht musste. Die Weidel wird auch immer blasser und Chrupalla...
Amir Samed :
@Utz der Bär, ich bevorzuge wissenschaftliche Literatur. ...
Utz der Bär:
@Amir Samed: Glauben Sie ernsthaft, dass mehr als 200 Jahre Industrialisierung spurlos an unserer Umwelt vorbeigegangen sind? Denken Sie doch einfach mal selber nach, anstatt nachzuplappern, was ihnen irgendwelche Pseudo-Schwurbler auf Tiktok oder wo-auch-immer weismachen wollen! Was uns alle noch viel...
Amir Samed :
@juergen mieller, ich habe schon einiges an Niveaulosen und inhaltsleeren gelesen, Sie schaffen es dies noch zu unterbieten. Solange Sie auf dieser Ebene weiter agieren und sich einer sachlichen Diskussion und Argumentation verweigern, bleiben ihnen Antworten von mir erspart. Es ist nie zu spät, lernen...
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