AWO-Suchthilfe gGmbH ist seit 1. Januar 1993 im „Alten Bahnhof“ in Kottenheim untergebracht

„Wir platzen hier bald aus allen Nähten“

13.02.2017 - 10:22

Kottenheim. Die Bilder von damals liefen noch einmal vor ihrem geistigen Auge ab. Zwei Räume gab es in der damaligen Bahnhofswirtschaft, in der ersten Klasse durften die Gäste die Fußball-WM 1966 in England mit dem dramatischen Endspiel zwischen dem Gastgeber und der deutschen Mannschaft verfolgen. Heinz Ellner verkaufte die Fahrkarten für die Eisenbahn, es gab noch fünf Gleise, das Stellwerk befand sich im gleichen Gebäude. Ihre Tante Maria Mohr betrieb die dunkle und verqualmte Kneipe und schickte die damals 15-jährige Irmgard Breidbach in eine der vielen Metzgereien, um das begehrte Gehacktes zu holen. Schließlich musste die Inhaberin, die die Gaststätte bis 1977 betrieb, noch die beliebten „Schnapskännchen“ für die Arbeiter von der Lay vorbereiten.

Aus Irmgard Breidbach ist mittlerweile Irmgard Kicherer geworden, aus dem 15-jährigen Teenager eine 66-jährige Frau, die als Zweite Beigeordnete die Farben der Ortsgemeinde Kottenheim vertritt. Geblieben ist das Gebäude des „Alten Bahnhofs“, nur die Räume sind etwas heller geworden. Und untergebracht ist dort nicht mehr die Bahnhofswirtschaft, sondern die AWO-Suchthilfe gGmbH. Zusammen mit Ortsbürgermeister Thomas Braunstein und der Ersten Beigeordneten Gaby Schmitz informierte sich Kicherer vor Ort über die Einrichtung direkt neben dem Feuerwehrhaus.


Insgesamt 18 Plätze


Die Sozialtherapie „Alter Bahnhof Kottenheim“ ist am 1. Januar 1993 als Integrationseinrichtung für suchtkranke und/oder wohnungslose Menschen mit insgesamt 18 Plätzen eröffnet worden. Die Schwierigkeiten der Bewohner sind zumeist ihrer Armut, der fehlenden sozialen Einbindung, dem Aufwachsen in desolaten Familienverhältnissen und dem Fehlen einer Lebensperspektive geschuldet. Und alle Bewohner haben eins gemeinsam: Sie sind nicht in der Lage, ihre Situation ohne fremde Hilfe entscheidend zu verändern.

„Das größte Problem ist offensichtlich: Die Menschen, die Hilfe suchen, werden immer jünger. Mittlerweile kommen 20- oder 21-Jährige zu uns, die auf dem Entwicklungsstand eines 16-Jährigen sind. Ohne Wohnung, ohne Abschluss, ohne Arbeit, also ohne alles“, verdeutlicht Michael Bungarten. Der Sozialarbeiter aus Koblenz, schon über 24 Jahre bei der Arbeiterwohlfahrt beschäftigt, verfügt über eine 20-jährige Erfahrung als Einrichtungsleiter und fungiert seit drei Jahren als Geschäftsführer. „Solche Integrationseinrichtungen wie die Sozialtherapie Kottenheim bieten in dieser schwierigen Lebenssituation Unterstützung und Halt in einem überschaubaren Umfeld. Die Menschen haben hier die Möglichkeit, nach extrem belastenden Lebensumständen zur Ruhe zu kommen und somit die Grundvoraussetzung zu erhalten, um mit Unterstützung des Fachpersonals eine neue Perspektive für sich zu erarbeiten“, so Bungarten. „Und das alles, ohne existenziellen Druck zu verspüren.“

Die Einrichtung „Alter Bahnhof“ Kottenheim besteht aus zwei Häusern und einer heimangebundenen Außenwohngruppe. Im „Alten Bahnhof“ befinden sich zwei komplett eingerichtete Wohnungen für jeweils drei Bewohner, die dort über Einzelzimmer sowie einen Gemeinschaftsraum verfügen. Außerdem sind dort die Büros der Einrichtungsleitung, der Sozialarbeiter und der Ergotherapie untergebracht. In unmittelbarer Nähe zum „Alten Bahnhof“ befindet sich der zweite Standort. Das Haus in der Keltenstraße hat sechs Einzelzimmer auf zwei Etagen, einen Gemeinschaftsraum, eine Küche sowie ein großes Außengrundstück zu bieten.


Komplett eingerichtet


Komplettiert wird das stationäre Angebot durch eine heimangebundene Außenwohngruppe für sechs Personen in Mendig. Hierbei handelt es sich um ein komplett eingerichtetes Haus mit sechs Einzelzimmern und Gemeinschaftsräumlichkeiten. Darüber hinaus befindet sich in Mendig ein dezentrales Wohnprojekt für drei wohnungslose Frauen. „Alle Häuser werden von Sozialarbeitern und Ergotherapeuten gemeinsam betreut“, erklärt die stellvertretende Einrichtungsleiterin Birgit Fark.

Die Frau aus Mendig ist in erster Linie zuständig für das betreute Wohnen. „Wenn ich ehrlich sein soll, dann platzen wir hier bald aus allen Nähten. Gerade das ergotherapeutische Angebot hat seine räumlichen Grenzen.“

Aus diesem Grund wird die AWO-Suchthilfe gGmbh ein Gebäude in der Junker-Schilling-Straße anmieten, in dem früher der Schlecker-Markt beheimatet war. „Im April oder Mai sollen die Räumlichkeiten bezogen werden“, blickt Einrichtungsleiter Bungarten voraus. Und ruft damit Freude beim Ortsbürgermeister hervor. „Dadurch, dass dieses Gebäude seit Jahren nicht genutzt wurde, hat es sich zu einem echten Schandfleck im Dorf entwickelt“, so Braunstein. „Nun haben wir zumindest in der Junker-Schilling-Straße ein Problem weniger.“

Von Verständigungsschwierigkeiten am „Alten Bahnhof“ habe er noch nie etwas gehört: „Ich bin jetzt seit zweieinhalb Jahren Ortsbürgermeister und in der Regel nun mal der Erste, an den Probleme herangetragen werden. Und bisher lief alles nahezu geräuschlos ab.“ Von Vorurteilen gegenüber den Bewohnern sei ihm nie etwas zu Ohren gekommen. Und nun sei er froh, dass er sich „endlich vor Ort“ informieren konnte. Und Irmgard Kicherer geborene Breidbach wieder mal in Erinnerungen schwelgen durfte...

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