Das Bonner Jugendschwurgericht eröffnete das Verfahren rund um den gewaltsamen Tod von Niklas P.

Walid S. bestritt zum Prozessbeginn den tödlichen Angriff auf den 17-jährigen Bad Breisiger

Anwalt Peter Krieger stellte Roman W. als schuldbewussten Täter dar, der seine Brutalität bereut

23.01.2017 - 10:19

Bonn. Extrem großer Medienandrang herrschte schon am frühen Freitagvormittag im Bonner Landgericht, startete dort doch gut acht Monate nach dem gewaltsamen Tod des 17-jährigen Niklas P. aus Bad Breisig am 8. Mai 2016 der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter, den zur Tatzeit noch 20-jährigen Walid S. und den 1995 in Bonn geborene Roman W.

Die Brutalität der Attacke hatte bundesweit für extremes Aufsehen gesorgt, so dass zum Prozessbeginn weit über zehn Kamerateams von Fernsehsendern, etliche Radiosender und zahlreiche Vertreter der regionalen wie überregionalen Presse in die Wilhelmstraße 21 gekommen waren. Vor dem großen Saal 0.11, in den man vorsorglich die Verhandlung verlegt hatte, war zunächst Richter Bastian Sczech, Dezernent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Bonner Landgericht, heißbegehrter Interviewpartner. Die am häufigsten gestellte Frage, warum sich Walid S. nicht wegen Totschlags verantworten muss. „Diese Straftat setzt voraus, dass ein Täter mit Tötungsvorsatz handelt oder den Tod seines Opfers zumindest billigend in Kauf nimmt. Laut Anklage liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der tödliche Faustschlag gegen die Schläfe von Niklas P. mit dem Vorsatz geführt wurde, ihn zu töten“, so der Jurist. Dafür sei der Schlag nicht wuchtig genug gewesen, während nach den Ergebnissen der Ermittlungen nicht nachweisbar sei, dass der anschließende Tritt todesursächlich gewesen sei. Dessen ungeachtet würden der in Piacenza geborene Walid S. und Roman W. im Falle einer Überführung Haftstrafen drohen.

Kurz vor Prozessbeginn um 9.15 Uhr hatte sich der Saal dann auch mit zahlreichen Zuhörern aus der Bevölkerung gefüllt.

Lange vor ihren Mandanten waren auch die Bonner Rechtsanwälte Martin Kretschmer und Peter Krieger im Sitzungssaal sowie Staatsanwalt Florian Geßler und Rechtsanwalt Dirk Simon aus Bad Breisig als Vertreter der Mutter von Niklas, Denise P., als Nebenklägerin und Rechtsanwältin Nadine Krahé, von der die mutmaßlich von Roman S. geschädigte Zeugin F. als Nebenklägerin vertreten wird. Die Anspannung war der ansonsten gefasst wirkenden Mutter von Niklas deutlich anzusehen, als zunächst Walid S. von Justizwachtmeistern in Handschellen in den Saal geführt wurde. Zum ersten Mal sah sich die 48-Jährige dem Mann gegenüber, der den gewaltsamen Tod ihres Sohnes verschuldet haben soll. Während diesem die Handschellen abgenommen wurden, damit er neben seinem Anwalt Martin Kretschmer Platz nehmen konnte, wurde der zweite Angeklagte ebenfalls in Handschellen in den Gerichtssaal geführt.

Zu einem extrem kurzen Prozesstag der 8. großen Strafkammer als Jugendkammer zog dann der Vorsitzende Richter Volker Kunkel mit den beiden Beisitzerinnen, den Richterinnen Saskia Wielpütz und Verena Grimm ein. Dass der Auftakt im Strafverfahren gegen Walid S. und Roman W. nur knapp 30 Minuten dauerte, lag nicht allein am Staatsanwalt, der die Anklageschrift der verbundenen Verfahren in Windeseile verlas. Grund war auch die Tatsache, dass sich die beiden Angeklagten selbst nicht zur Sache äußerten, sondern ihre Anwälte in ihrem Namen zu jeweils einer Straftat kurz Stellung nehmen ließen. Zunächst aber warf Florian Geßler, dem seit Mitte Mai in Untersuchungshaft sitzenden Walid S. gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge vor in Tateinheit mit einer Schlägerei. Die Staatsanwaltschaft ist sicher, dass der inzwischen 21-Jährige durch einen Schlag gegen die Schläfe von Niklas, der auf dem Heimweg von einem Konzert von der Busstation zur Bahn auf dem Heimweg war, so schwer verletzt hat, dass der Jugendliche aus Bad Breisig knapp eine Woche nach der Tat gestorben ist. Ursache war laut eines medizinischen Gutachtens eine bislang unerkannte Gefäßschädigung im Gehirn, ohne die Niklas den Faustschlag wahrscheinlich überlebt hätte. Walid S. sei von einem Tatzeugen erkannt worden, außerdem habe die Polizei bei ihm eine Jacke gefunden, die S. in der Tatnacht getragen haben soll und an der Blutspuren von Niklas gefunden wurden, so der Staatsanwalt.

Darüber hinaus beschuldigte Florian Geßler den Angeklagten, eine Woche vor dieser Tat in der Samstagnacht vor dem 1. Mai eine gefährliche Körperverletzung begangen zu haben. Walid S., der bereits seit längerem „polizei- und justizbekannt“ war, soll damals einem Mann in der Bonner Innenstadt eine Jägermeisterflasche auf den Kopf geschlagen und diesem dabei eine Platzwunde zugefügt haben.

Roman W. wird angeklagt, einer Begleiterin von Niklas P. ins Gesicht geschlagen zu haben, bevor er versucht haben soll, ebenfalls auf den am Boden liegenden Bad Breisiger einzutreten, wovon ihn sein weibliches Opfer aber habe anhalten können. Außerdem soll der 21-Jährige in der Nacht von Samstag, 10. September, auf den Sonntag einen Tatzeugen verprügelt und ihm gedroht haben: „Wenn du schlecht von mir vor Gericht redest, töte ich dich!“ Dieser war schon 2015 von Roman W. in Bad Godesberg überfallen, geschlagen und beraubt worden. Außerdem soll der gebürtige Bonner im September 2015 in Köln nach einer Schlägerei Polizisten beleidigt und attackiert haben.

Da es vor der Verhandlung keine Verständigung hinsichtlich eines Geständnisses gegeben habe, fragte Richter Volker Kunkel, ob die Angeklagten nun eine Aussage machen wollten. „Mein Mandant bestreitet jede Tatbeteiligung. Er ist weder in die Tat eingebunden noch am Tatort gewesen“, so Martin Kretschmer für Walid S. Vielmehr sei dieser mit seiner Freundin in Richtung Kurpark unterwegs gewesen, wo er viele Leute getroffen habe.

Der Kurpark sei ein beliebter Treffpunkt für seine Clique, mit der er dort oft feiere. Weil an dem besagten Tag viel Alkohol und auch Marihuana konsumiert worden sei, könne der Beklagte Uhrzeiten nur schwer einordnen. Sicher sei er sich aber, den Kurpark nur einmal verlassen zu haben, um an einer Tankstelle einzukaufen. Dann sei er zu seiner Freundin in den Park zurückgekehrt, den er mit dieser in den frühen Morgenstunden verlassen habe. Am Tatort sei er an diesem Abend nie gewesen, so der Anwalt im Namen seines Mandaten. „Der angebliche Belastungszeuge muss sich einfach irren“ und auch die Jacke mit dem Blut des Opfers sei kein Indiz für seine Täterschaft, da er diese erst nach dem Tatgeschehen von einem Bekannten erhalten habe. Zu der anderen ihm zur Last gelegte Straftat werde sich sein Mandant nicht äußern, erklärte Martin Kretschmer. Auch Roman W.‘s Anwalt nahm nur zu einer Straftat seines Mandanten Stellung, der Körperverletzung bei gleichzeitiger Mordandrohung im September. Zu dem Vorwurf, an der für Niklas tödlichen Schlägerei vor gut acht Monaten beteiligt gewesen zu sein, schwieg der Angeklagte. Nachdem er an dem September-Samstagabend gefeiert und getrunken habe, sei er mit dem Bus nach Hause gefahren. Als er ausgestiegen sei, habe ihn sein späteres Opfer an der Haltestelle als „Bruder“ angesprochen, was ihn furchtbar sauer gemacht habe, da er diesem „Verräter“ immerhin seine vorübergehende Haft als Beteiligter an dem Vorfall im Mai nahe der Haltestelle Rheinallee „zu verdanken“ gehabt habe, weswegen er auch seine Arbeit verloren habe. Er habe diesem schließlich eine Ohrfeige gegeben, so dass er hingefallen sei. Daraufhin habe er lediglich so etwa wie: „Komm hoch, wehr dich“ gesagt, keinesfalls aber getreten oder gar mit Mord gedroht. Nachdem er erneut „in den Knast gekommen“ sei, habe er zunächst dem Opfer dafür die Schuld gegeben, bis er erkannt habe, dass diese bei ihm zu suchen sei. Für seine Tat, die er bedauere, gebe es keine Rechtfertigung, so Anwalt Peter Krieger, bevor Roman W. erklärte: „Fortan werde ich in der Verhandlung schweigen!“

Diese war damit auch beendet, da für den ersten Verhandlungstag keine Zeugenvernehmung vorgesehen war. Für den Prozess hat die Bonner Strafkammer weitere 16 Termine anberaumt, in deren Verlauf 50 Zeugen gehört werden. Ein Urteil könnte am 31. März fallen.

Beim nächsten Termin am Freitag, 27. Januar, geht es zunächst um die länger zurückliegenden Straftaten der beiden Angeklagten. Zeugen für ihre mutmaßliche Täterschaft am Bad Godesberger Rondell werden voraussichtlich erst ab dem vierten Verhandlungstag gehört.

DL

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23.01.2017 13:56 Uhr
Uwe Klasen

Ein guter Bericht, sachlich und objektiv! So soll Journalismus sein!



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