Das „kleine KZ“ in der Nachbarschaft (11)

von Joachim Hennig

19.06.2019 - 11:15

Die letzte Folge dieser Reihe zum „kleinen KZ in der Nachbarschaft“ informierte über das „Personal“ des Projekts „Zeisig“ in Cochem. Dabei wurde deutlich, dass das KZ-Außenlager allein zu dem Zweck eingerichtet wurde, dieses Projekt zu realisieren. Das KZ-Außenlager war auch „nur“ ein Teil dieses Projektes, dessen Aufgabe darin bestand, den Betrieb für die unterirdische Zündkerzenproduktion der Firma Bosch bzw. deren Tarnfirma WIDU bereitzustellen.


Die Organisation des KZ-Außenlagers Cochem


Diese Aufgabenstellung des KZ-Außenlagers hatte erhebliche Bedeutung für dessen Organisation und Betrieb. Damit unterschied es sich deutlich von einem Konzentrationslager, wie etwa Buchenwald, Dachau, Sachsenhausen oder auch Natzweiler-Struthof. Alle diese Konzentrationslager waren wesentlich größer – in der Ausdehnung und in der Zahl der Häftlinge.

Auch hinsichtlich der Organisation unterschied sich das KZ-Außenlager Cochem von einem Konzentrationslager. Das betraf schon – der Aufgabenstellung folgend – die äußere Organisationsform. Denn es war nur ein Teil einer größeren Organisation und hatte dieser zu dienen. Wie die zivile Bauleitung und die zivilen Baufirmen gehörte es arbeitstechnisch zum SS-Führungsstab, und dieser gab die Aufgaben auch für diese Teileinheiten jedenfalls im Grundsatz vor – wenn auch das Architekturbüro, die Verantwortlichen der Baufirmen und auch die Leitung des KZ-Außenlagers - jede Gruppe, Organisation für sich diese Aufgaben umsetzen musste.


Die Leitung des Außenlagers


Die Leitung des KZ-Außenlagers oblag dem Lagerleiter. Er hatte deutlich weniger Befugnisse als der Kommandant eines Konzentrationslagers. Ein KZ-Kommandant hatte die volle Befehlsgewalt über das Lager und die Wachmannschaften. Er war dem Inspekteur der Konzentrationslager unmittelbar verantwortlich. Ihm zur Seite stand sein Adjudant und der Kommandanturstab. Sie sorgten für die Weiterleitung und Durchführung der Kommandanturbefehle und den amtlichen Verkehr mit den jeweiligen Dienststellen.

Diese Einrichtung fehlte im KZ-Außenlager vollständig. Soweit nötig, wurden die Aufgaben vom Lagerführer wahrgenommen. Seine Position entsprach in etwa der des Schutzhaftlagerführers in einem Konzentrationslager, dem Verantwortlichen für das Lager der Häftlinge; der Lagerführer des Außenlagers war aber formell dem Schutzhaftlagerführer des Hauptlagers unterstellt. Der Lagerführer war der „Chef“, der mächtigste Mann des Lagers. Er war verantwortlich für das gesamte Geschehen im Häftlingslager, er diktierte die Lagerordnung und den Tagesablauf der Häftlinge. Ihm unterstanden weitere SS-Leute mit unterschiedlichen Funktionen. Das waren zumindest zwei Führer der beiden Lager Bruttig und Treis. In Bruttig waren das zurzeit des Lagerführers Scheffe zwei Unteroffiziere der Luftwaffe, in Bruttig der Oberschlesier Zeller und in Treis ein gewisser Steininger. Beide waren in ihren jeweiligen Teillagern auch für die Zählappelle u.a. zuständig, so dass sie im Außenlager auch die Aufgaben eines Rapportführers eines Konzentrationslagers erfüllten. Nicht geklärt ist auch, ob es neben den Führern der beiden Teillager auch Arbeitsdienstführer gab. Diese waren für die Einteilung der Häftlinge zur Arbeit zuständig – oder ob diese Funktion von den beiden Führern der Teillager Bruttig und Treis mit wahrgenommen wurden.

Des Weiteren gab es wohl Blockälteste, die für die Häftlingsunterkünfte verantwortlich waren. Das ist zumindest für Bruttig anzunehmen, denn dort gab es mehrere Häftlingsbaracken, während in Treis die Häftlinge wohl zentral untergebracht waren und sich deshalb Verantwortliche für mehrere Blocks erübrigten. Dies ist für das KZ-Außenlager Cochem noch nicht geklärt. Ungeklärt ist auch, ob es im Außenlager auch Kommandoführer gab. Das kann hier schon vermutet werden, weil es – wie noch darzustellen sein wird – mehrere auch fest eingerichtete Arbeitskommandos gab, wie etwa die Arbeitskommandos beim Bahnhof in Cochem und in Karden. Allerdings dürften diese Funktionen des Kommandoführers dann – wie im Allgemeinen – von den Blockführern wahrgenommen worden sein. Zu den Arbeitskommandos gehörten auch – wie bereits berichtet – bis zu zwei SS-Leute, die mit ihren Hunden die Häftlinge bewachten und stets am Ende der Kolonne gingen.


Keine Gestapo im Außenlager


Wesentlich unterschied sich das Außenlager vom Konzentrationslager auch dadurch, dass es keine politische Abteilung hatte.

Die Abteilung II war in den Konzentrationslagern die Zweigstelle der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Sie stand unter der Leitung eines Gestapobeamten, der nicht der SS angehören musste. Diese registrierte die Neuzugänge des Konzentrationslagers, war für die Führung der Häftlingsakten verantwortlich, wickelte den gesamten Akten- und Schriftverkehr mit den Gestapostellen ab und führte im Allgemeinen Vernehmungen der Häftlinge durch. Auch löste sie bei Fluchten die Fahndung aus und leitete eine Bestrafung ein. Eine gesonderte Teileinheit dieser Abteilung II erfasste alle Sterbefälle. Eine solche wichtige Abteilung fehlte im Außenlager – aber ihren Funktionen wurden sehr wohl von anderen Organisationen wahrgenommen. Das war bei der Verlegung/Einlieferung der Häftlinge in das Außenlager die politische Abteilung des Hauptlagers, also hier die Abteilung II des KZ Natzweiler. Sie führte auch die Häftlingsakten und erledigte den Akten- und Schriftverkehr mit den Gestapostellen. Zuständig für die laufende Kontrolle der Häftlinge, deren Vernehmungen, bei der Fahndung nach Flüchtigen und der Einleitung der wiederaufgegriffenen Häftlinge war die Gestapo Koblenz. Dort war für diese Aufgaben die Abteilung III unter Leitung des Kriminalkommissars Wörsdörfer zuständig. Darauf wird noch im Zusammenhang mit der Fahndung nach Flüchtigen und der Bestrafung der Wiederaufgegriffenen zu berichten sein.

Als selbstständige Abteilung fehlte bei dem Außenlager auch die Verwaltung, Abteilung IV eines Konzentrationslagers. In Konzentrationslagern unterstand sie einem Verwaltungsführer. Er hatte alle wirtschaftlichen Angelegenheiten des Lagers zu regeln, zuständig war er insbesondere für die Unterkunft und Verpflegung der Häftlinge. In der Abteilung Verwaltung gab es auch eine Stelle für das Rechnungswesen und für die sog. Häftlingseigentumsverwaltung (Effektenkammer), in der die persönliche Habe der Häftlinge verwahrt wurde. Im Außenlager wurden diese Aufgaben im Wesentlichen vom Hauptlager KZ Natzweiler wahrgenommen. Aber natürlich gab es Verantwortliche vor Ort für die Verpflegung und Unterkunft. „Küchenchef“ in Bruttig war zurzeit des Lagerführers Scheffe ein Obergefreiter der Luftwaffe und ein anderer war „Küchenchef“ in Treis.

Die Organisation des Außenlagers war also im Vergleich zu der eines Konzentrationslagers – undifferenzierter - entweder fehlten Teileinheiten ganz oder sie waren nur schwach besetzt. So war es auch mit der medizinischen Abteilung. Solche gab es in den Konzentrationslagern, allerdings darf man sich diese nicht als wirklich lebensrettend für die Häftlinge vorstellen. Ihre Tätigkeit beschränkte sich auf die schlichte Behandlung einfacher Krankheiten und hing entscheidend von dem Einsatz der Häftlingsärzte für ihre kranken Mithäftlinge ab. Im Außenlager fehlte eine solche medizinische Abteilung. Sporadisch waren dort frei praktizierende Ärzte aus Cochem tätig. Deren Hauptaufgabe bestand aber darin, den Tod von Häftlingen festzustellen und die Sterbeurkunden auszustellen. Im kurativen Bereich gestattete man aber wenigstens in den ersten Wochen dem französischen Arzt Dr. André Ragot, in dem Teillager in Treis, Mithäftlinge zu behandeln. Dazu standen ihm allerdings so gut wie keine Hilfsmittel zur Verfügung. Später kam der französische Arzt Dr. Paul Lagey ins KZ-Außenlager Cochem. Er war aus dem KZ Buchenwald Mitte Mai 1944 ins KZ Natzweiler und dann sogleich ins Außenlager überstellt worden, offenbar, um die inzwischen dort ausgebrochene Typhusepidemie zu bekämpfen. Jedenfalls in dieser Zeit gab es dort auch ein Häftlingsrevier.


Die Bewachung des Lagers


Die Bewachung der KZ-Häftlinge geschah durch eine Wachmannschaft. In den Konzentrationslagern waren das SS-Totenkopf-Einheiten. Im KZ-Außenlager Cochem bestand die Wachmannschaft aus Soldaten der Luftwaffe.

Diese unterstanden einem Oberfeldwebel der Luftwaffe, der als solcher dann dem Lagerführer unterstand. Die Soldaten der Wachmannschaft hatten mit dem eigentlichen inneren Lagerbetrieb nichts zu tun. Ihnen oblag die äußere Bewachung des Lagers, z.B. mit dem Dienst auf den Wachtürmen und mit der Bewachung der Außenarbeitskommandos.

Joachim Hennig

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