Novellierung des Landesjagdgesetzes sorgt für emotionale Diskussionen. Kein Stehplatz mehr frei bei Veranstaltung in Dernau
Jäger im Land sind der Landesregierung nicht grün
Dernau. „Damit nicht jede Wildsau durchs Dorf getrieben wird -Finger weg vom Jagdgesetz.“ Die Jäger in Rheinland-Pfalz sind in ihrer Wortwahl nicht zimperlich, wenn es um die umstrittene Gesetzesnovellierung geht. „Der Entwurf gehört in die Tonne“, sagte denn auch der Grafschafter Ralf Schmidt als Vorsitzender der Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagverband bei einer Veranstaltung der Kreisjägerschaft in Dernau. Da war kein Stehplatz mehr frei im Culinarium. Mehr als 300 Jäger, aber auch Vertreter der Kommunen, waren der Einladung zur Podiumsdiskussion gefolgt. Nur Mainz glänzte durch Abwesenheit. Das bedauerte Schmidt in seiner Begrüßung: „Die zuständige Ministerin Katrin Eder wurde zur Teilnahme am Podiumsgespräch eingeladen. Die zunächst erfolgte Zusage ihres Staatssekretärs Dr. Erwin Manz wurde später zurückgezogen, da aus Sicht des Ministeriums der Veranstaltungsrahmen eine sachliche Debatte nicht zulassen würde.“
Auf dem Podium
So war Matthias Heeb (Fraktionschef in der Grafschaft) der einzige Vertreter der Grünen auf dem Podium. Diesem gehörten weiter an: Dr. Sven Bischoff als Geschäftsführer des Landesjagdverbands Rheinland-Pfalz, Kreisbeigeordneter und CDU-Landtagsabgeordneter Horst Gies, Dr. Torben Butchereit, Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler, Rechtsanwalt Marcus Schuck sowie Christoph Hildebrand als Vorsitzender des Berufsjägerverbandes Rheinland-Pfalz.
Die mehr als 20000 Jäger im Land sind der Landesregierung nicht grün. Sie werfen dem für die Novellierung federführenden Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität schwere fachliche und juristische Mängel vor. Die Änderungen würden drastische Auswirkungen auf das bestehende Jagdsystem, das Grundeigentum sowie den Tierschutz haben. Das seit 1848 bewährte Reviersystem werde ausgehebelt. Hier einige Beispiele:
Das plant das Land
Bisher übt der Jagdrechtsinhaber sein Recht in einer Jagdgenossenschaft vor allem durch Verpachtung eines Revieres aus. Das Reviersystem wird aber ausgehebelt. Jeder Grundeigentümer kann zwar zunächst der Verpachtung zustimmen, anschließend aber auch noch seine Fläche selbst bejagen oder getrennt an einen Dritten verpachten. Es können Bewirtschaftungsgemeinschaften gebildet werden, die darüber hinaus auch unterjährig variieren. Die Solidarität zwischen denjenigen, die möglicherweise unter Wildschaden leiden und denjenigen, wo schadensarm höhere Wildbestände vorhanden sind, wird zerstört. - Die bisherigen Passagen im Landesjagdgesetz, dass Ziele der Jagd die Erhaltung eines gesunden Wildbestandes und seiner natürlichen Lebensgrundlagen sind, wurden gestrichen. Stattdessen liegt der Fokus auf der Holzgewinnung. Pflanzen und Bäumen wird ein höherer Schutzstatus zugesprochen als Tieren, insbesondere Pflanzenfressern. Da wildlebende Tiere vom Grundgesetz besonders geschützt sind, verstößt dies nach Meinung der Jäger gegen die Verfassung. - Zur tierschutzgerechten Jagd gehört, dass Tiere nicht ganzjährig und nicht zu jeder Tageszeit bejagt werden sollen. Dam- und Muffelwild haben in weiten Teilen von Rheinland-Pfalz keine Schonzeit mehr. Die Möglichkeit, die Schonzeit aufzuheben, wird deutlich erleichtert. Gleiches gilt für die Aufhebung des zum Schutz der wildlebenden Tiere bestehenden Nachtjagdverbotes.
Fazit der Jäger unter Moderation von Kreisjagdmeister Stephan Schuck: „Von modernen wildökologischen Erkenntnissen findet sich in dem Gesetzesentwurf gar nichts. Stattdessen strotzt das Gesetz von Verstößen gegen anerkannte Grundsätze des Tierschutzes. Der Artenschutz wird mit Füßen getreten.“
Für Marcus Schuck steht im Mainzer Entwurf die These Wald vor Wild, Hege und damit Nachhaltigkeit blieben auf der Strecke. Er sieht in dem Entwurf einen bisher in Deutschland einzigartigen kompletten Paradigmenwechsel im Jagdrecht von dem neben den Jägern auch rund 100000 Waldbesitzer im Land betroffen seien. Schuck prognostizierte beim Kippen des Reviersystems Verluste für Jagdgenossenschaften und Kommunen: „Wer pachtet ein Revier, das nichts mehr wert ist.“ Denn dem Entwurf zufolge gehe es auch darum, Arten wie Dam- und Muffelwild auszurotten. Sein Fazit: „Wald braucht Wild, Wild braucht Wald. Der Mensch ist die größte Gefahr.“
„An den Menschen vorbei“
Das sieht Matthias Heeb ähnlich. Ihm geht es um die Vielfalt der Tiere in Wald und Flur. „Ich kann das Gesetz in vielen Teilen nicht gutheißen“, machte der Grafschafter keinen Hehl daraus, das er nicht zu allem was aus dem grünen Mainzer Ministerium kommt nickt. „Politik hat Verfahren, die komplett an den Menschen vorbeigehen.“ Das findet auch Dr. Torben Butchereit der mit „klarer Ablehnung“ auf das „Anti-Jagdgesetz und Anti-Jagdgenossenschaftsgesetz“ reagiert. Jäger könnten „auswandern und das Bundesland verlassen“, die Jagdgenossen als Grundeigentümer seien gebunden. Dies mit Revieren, die aufgrund des Gesetzes nicht mehr zu verpachten seien. Und Dr. Sven Bischoff unterstrich: „Die Unteren Jagdbehörden im Land (das sind die Kreisverwaltungen, Anm. d. Red.) haben einstimmig den Entwurf abgelehnt. Er ist schlecht gemacht und verfassungswidrig.“ „Da haben SPD und FDP den grünen Kollegen in der Landesregierung ein faules Ei ins Nest gelegt“, fand denn auch Horst Gies.
Diskussion und auch Druck
Dennoch sei die Jägerschaft „bereit für vernünftige praxisnahe Regelungen“ machte Kreisvorsitzender Schmidt klar und schloss sich damit dem Angebot des Landesjagdverbandes an: „Der Verband ist bereit, konstruktiv an einer Neufassung des Entwurfs zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung der jagdrechtlichen Vorschriften in Rheinland-Pfalz mitzuwirken, so wie es der Koalitionsvertrag ausdrücklich vorsieht und der Evaluierungsprozess vorgezeigt hat.“ Ein Angebot, das dem auch Nachdruck verliehen werden kann. Denn das Präsidium des LJV hat seit der Delegiertenversammlung in Neuwied „den unbedingten Auftrag, nach dem 15. November alle erforderlichen Maßnahmen zur Abwendung des vorliegenden Gesetzentwurfs zu ergreifen, sollte die Landesregierung unserer Forderung nicht nachkommen.“ GS
Diese Novellierung geht in die falsche Richtung. Es sollte doch so sein, dass der Natur und somit auch den Tieren mehr Rechte zugestanden werden. Die Hobbyjagd mit ihrem Reviersystem, welches noch in großen Teilen von Hermann Göring aus der Nazizeit stammt, gehört abgeschafft. Es sogt mit seinem System für überhöhte Wildtierbestände weil das Wild bewirtschaftet wird und kein Augenmerk auf ein Gleichgewicht in der Natur gelegt wird. Was wir brauchen sind gut ausgebildete Wildhüter, die mit wissenschaftlichem Sachverstand ausgestattet sind. So wie es im schweizerischen Genf der Fall ist. Dort gibt es so gut wie keine Überpopulationen und eine Artenvielfalt die seinesgleichen sucht. Es ist höchste Zeit für eine Veränderung, aber bitte in die richtige Richtung. Wald mit Wild und nicht vor Wild.