Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP)
Taiwan war Thema

Oberst a.D. Schmidhofer, Oberst a.D. Schnell Foto: Elmar Gaffinen
Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Sektion Bad Neuenahr-Ahrweiler der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) führte am 20. September 2023, 19.30 Uhr im Hotel „Am Weinberg“ in Bad Neuenahr eine Veranstaltung zum o.g. Thema in Präsenz und als Zoom-Webinar durch. Referent war Oberst a.D. Carlo Schnell. Er war in seiner knapp 45-jährigen Dienstzeit in der Bundeswehr in Bonn, München, Leipzig und Berlin tätig. Darüber hinaus hatte er Auslandsverwendungen in der Türkei, in Pakistan, in Algerien und der Volksrepublik China. Das versetzte ihn in die Lage, sich intensiv mit dem asiatischen Kontinent und der Rolle der neuen Weltmacht China zu beschäftigen. Die Zuhörer erwartete also wieder ein aktuelles, interessantes und mit vielen Hintergrundkenntnissen vorgetragenes Thema. Der Referent bewertet seinen Aufenthalt in China selbst als Höhepunkt seiner Karriere, sieht aber die Erfassung des riesigen Landes in seiner Vielfalt und Widersprüchlichkeit auch als größte Herausforderung.
Schnell stellte heraus, dass Taiwan niemals Teil der VR China war. Die politischen Systeme sind diametral, aber die Wirtschaft und das alltägliche Leben weisen eine Reihe von Analogien auf.
Während China einen Sitz im UN-Sicherheitsrat hat und auch international eine wachsende Bedeutung erlangt, wurde Taiwan nur von 13 Staaten anerkannt, die auch nicht zu den bedeutendsten auf internationaler Ebene zählen.
China ist ein Vielvölkerstaat mit 1,4 Mrd. Menschen und 56 Nationalitäten. Das Land hat in den vergangenen Jahren große Investitionen zur Modernisierung der Streitkräfte geleistet und verfügt über Nuklearwaffen, moderne Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Panzer und Kriegsschiffe. Dem hat Taiwan wenig entgegen zu setzen. Auch die Rolle der USA als Schutzmacht für das Land ist schwer einzuschätzen und hängt auch von den innenpolitischen Kräfteverhältnissen ab. Selbst die im pazifischen Raum geschaffene US-Sicherheitsarchitektur bietet für Taiwan keinen automatischen Schutz. Darüber sind sich alle Beteiligten einig und versuchen, eine Konfrontation zu vermeiden. Oberst Schnell stellte als gefährlichstes Szenario eine Unabhängigkeitserklärung seitens Taiwans in den Raum, was einen sofortigen Einmarsch Chinas bedeuten würde. Aber auch Taiwan ist sich dieser Gefahr bewusst und berücksichtigt es in seinen Handlungen.
Welche Rolle spielt nun Europa und Deutschland in diesem Konflikt. China als zweitgrößte Weltwirtschaft ist sehr eng mit Europa verflochten, einerseits als riesiger Absatzmarkt, andererseits als aufstrebender Player in Zukunftstechnologien. Deshalb würde ein militärischer Konflikt in dieser fernöstlichen Region ungeahnte Auswirkungen auch auf Europa haben, mindestens ähnlich denen des russisch-ukrainischen Krieges auf den Energiesektor. Deutschland hat in China ein sehr positives Image, im Chinesischen als „Land der Tugend“ bezeichnet.
In seinen weiteren Ausführungen ging der Referent auf mögliche Entwicklungen ein, die eine Beantwortung der Frage „Ist ein Krieg unausweichlich?“ zumindest als Überlegung zulassen. Ein klares „Ja oder Nein“ ist nach seiner Ansicht sowieso nicht möglich.
Darum ging Schnell auf die Kerninteressen der VR China ein: Machterhalt der KP, Einheit des Landes, wirtschaftliche Entwicklung, stabiles regionales Umfeld, die maritime Peripherie und die globale Weltordnung. China will nicht global wirken, sondern regional, um die USA fern zu halten und unabhängig zu bleiben. Die Hoffnung auf eine friedliche Annäherung an Taiwan analog der beiden deutschen Staaten spielt dabei eine gewisse Rolle. Die Volksrepublik steht für Bündnisfreiheit (Partnerschaften statt Allianzen) und sieht das Primat in der Innenpolitik (Macherhalt des Systems).
Fazit des Vortrages: Obwohl sich die Situation in den letzten Jahren gefährlich aufgeschaukelt hat, wird China versuchen, einen Waffengang zu vermeiden.
Die anschließende intensive Diskussion bestätigte das Interesse am gewählten Thema.
Pressemitteilung Sektion
Bad Neuenahr-Ahrweiler der
Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP)